Berlin..
20 Jahre ist der deutsch-deutsche Einigungsvertrag alt - doch wie dieser zu bewerten ist, darüber gibt es keine Einigung. Angela Merkel zieht eine positive Bilanz des Einigungsprozesses. Doch es gibt auch Kritik.
20 Jahre nach Unterzeichnung des deutsch-deutschen Einigungsvertrags gehen die Bewertungen darüber auseinander. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel, Innenminister Thomas de Maizière und Finanzminister Wolfgang Schäuble (alle CDU) eine positive Bilanz des Einigungsprozesses zogen, sprach Linkspartei-Chefin Gesine Lötzsch von einem „Anschlussvertrag“. Ähnlich hatte sich zuvor auch der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) geäußert, der dafür scharf kritisiert worden war.
Im Einigungsvertrag, der am 3. Oktober 1990 in Kraft trat, wurde der Beitritt der DDR zur BRD geregelt. In der Folge wurden die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Länder der Bundesrepublik Deutschland. Auch Vermögens- und Sozialfragen sowie die Bereiche Kultur, Bildung und Medien waren Bestandteile des Vertrages.
„Wegweisend“ und „fundamental“
Merkel bezeichnete den Vertrag als „wegweisend“ und „fundamental“. Wenn man die damaligen Ereignisse rückblickend betrachte, sei es eine „gelungene Veranstaltung“ gewesen, „auf die wir in unserer Geschichte in 10, 20, 30, 40, 50 Jahren, glaube ich, immer stolz sein können“. Sie verwies auch darauf, dass manche Prozesse einfach Zeit bräuchten. Schon damals sei klar gewesen, dass Jahrzehnte kommunistischer Planwirtschaft und ihre Folgen sich nicht über Nacht berichtigen ließen. Auch Schäuble, der damals das Amt des Innenministers bekleidete, verwies darauf, dass das Problem nicht die deutsche Einigung gewesen sei, sondern die deutsche Teilung.
De Maizière (CDU) wertete den Vertrag als Erfolg, räumte aber auch Fehler ein: „Heute wissen wir: Deutschland hätte von der DDR vielleicht nicht den Hymnentext, aber ruhig ein bisschen mehr übernehmen können als nur den grünen Pfeil und das Ampelmännchen.“ Die erwähnten Mängel schmälerten die Bedeutung des Einigungsvertrags jedoch nicht. Der frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) betonte: „Für mich ist dieser Einigungsvertrag eine ganz große Leistung“.
Neun Prozent der Ostdeutschen wünschen DDR zurück
In der Bevölkerung herrscht jedoch offenbar noch deutliche Skepsis gegenüber der Wiedervereinigung. Wie der Sozialreport 2010, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde, zeigt, ist nur eine kleine Minderheit von neun Prozent der Meinung, dass die beiden Landesteile zusammengewachsen seien. Neun Prozent der Ostdeutschen wollten sogar die DDR wiederhaben, elf Prozent der Westdeutschen wünschten sich angeblich die Mauer zurück.
Lötzsch kritisierte den Einigungsvertrag. „Damit verbunden waren Deindustrialisierung, Arbeitslosigkeit und Abwanderung“, erklärte Lötzsch. Aufgrund schwerwiegender Konstruktionsfehler sei das Vertragswerk nicht in der Lage gewesen, die Grundlagen für eine Wiedervereinigung zu schaffen. Der Vertrag sei ein „Anschlussvertrag“ gewesen, welcher „nicht zwischen zwei souveränen Partnern verhandelt“ worden sei.
Platzeck sagte, bei aller Freude über die deutsche Einheit müsse auch erlaubt sein, bestimmte Dinge in ihrem Verlauf kritisch zu sehen. Platzeck betonte: „Ich habe mir zu DDR-Zeiten nicht den Jubel verordnen lassen und das tue ich heute auch nicht.“ Es sei Tatsache, dass ein Teil der Menschen noch nicht „mit Hirn und Herz“ im vereinigten Deutschland angekommen sei. (ddp)