Mit rüden Attacken gegen „Kopftuchmädchen“ und Hartz-IV-Bezieher hat Thilo Sarrazin das selbst geschnitzte Image des Tabubrechers der Nation sorgsam gepflegt. Mit dem neuen Buch scheint er es krönen zu wollen.

Es zeichnet das düstere Bild eines erschlaffenden, verdummenden, aussterbenden Deutschland, das seinen sich erschöpfenden Wohlstand auffrisst, in dem sich Intelligenz nicht reproduziert, in dem muslimischer Einfluss schaltet und waltet, so dass „wir zu Fremden im eigenen Land werden“.

Provozierend wie immer. Hat er Recht?

Richtig ist, dass die Politik, gleich in welchen Parteikonstellationen, die großen Zukunftsthemen – demografische Verwerfung, Sozialsystem und Integration – niemals in ihrer existenziellen Bedeutung erfasste. Es wurde stets nur an Symptomen der Veränderungen herumreformiert.

Richtig ist, dass „politische Korrektheit“ zu viel verschwieg und verdeckte, was etwa bei der Integration aus dem Ruder lief, und z. B. zu „Parallelgesellschaften“ führte.

Falsch aber, und für den gesellschaftlichen Frieden schädlich, ist Sarrazins zuspitzende, verzerrende, vereinfachende Art. Sie vertieft Gräben – so zwischen Einheimischen und Zugewanderten, Arm und Reich – die Sarrazin doch angeblich zuschütten will.