In der Dunkelheit der Nacht überquerte die 4. Stryker-Brigade der 2. Infantriedivision die Grenze zu Kuwait und stellte die Panzer auf einem Parkplatz ab. Der Auftrag von US-Präsident Barack Obama, die Kampftruppen bis Ende des Monats aus dem Irak abzuziehen, ist ausgeführt – „Mission accomplished“ (Mission erfüllt).
Der Abzug erfolgte in aller Stille, fast so als hätten sich die Truppen aus dem Staub gemacht. Es gab keine Plakate, keinen Empfang, keine Show, zum Glück auch keine Peinlichkeiten wie im Mai 2003. Damals hatte Amtsinhaber George W. Bush in Kampfpilotenmontur auf dem Flugzeugträger USS Lincoln das Ende der schweren Kampfhandlungen verkündet. Das war bekanntlich nicht die einzige Fehleinschätzung. Denn der Irak hatte auch keine Massenvernichtungswaffen. Und das Land war ebensowenig ein Hort von El Kaida-Terroristen, was sich inzwischen aber geändert hat.
Obama war von Anfang an ein Gegner des Irak-Einsatzes. Den Abzug der Kampftruppen zum 1. September hatte er versprochen, und er ist konsequent. Der Präsident will die Kräfte in Afghanistan bündeln. Irak war Bushs Krieg, Afghanistan ist seiner. Doch für die Iraker kommt der Abzug zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Seit den Wahlen im März gibt es keine Regierung mehr. Die Führung des Landes ist heillos zerstritten. Niemand spricht mehr davon, dass zwischen Euphrat und Tigris eine Demokratie wachsen sollte, ein Vorbild für die ganze Region.
Sieben Jahre nach Kriegsbeginn steht das Land vor einem Bürgerkrieg und vor dem Zerfall. Kurden, Schiiten und Sunniten finden nicht zueinander. Nach einer Phase der Stabilität nimmt die Zahl der blutigen Anschläge wieder zu. Die irakischen Sicherheitskräfte sind völlig überfordert und teilweise korrupt. El Kaida-Kämpfer, schiitische Milizen und sunnitische Einheiten kämpfen mit kriminellen Banden und Gelegenheits-terroristen um Macht und Pfründe. Und auch der Einfluss des Iran ist gewachsen, was allein schon Anlass zur Sorge ist.
Ja, Obama hat Wort gehalten. Er kann den kriegsmüden Amerikanern ein Ende mit Schrecken verkünden. Doch die USA haben für den Sturz von Saddam Hussein einen sehr hohen Preis bezahlt. Mehr als 4400 US-Soldaten verloren ihr Leben, noch viel mehr wurden schwer verletzt und schwer traumatisiert. Von den nahezu 1000 Milliarden Dollar, die dieser Krieg verschlang, ganz zu schweigen. Und es sieht leider nicht danach aus, als könnten die Iraker mit der Freiheit, die sie seit dem Ende der Diktatur haben, irgendetwas anfangen.