Essen.
Fleischkonsum kann ich nicht mit meinem Gewissen in Einklang bringen. Bilder von Tieren in Massenhaltung verderben mir jeden Bissen. Deshalb verzichte ich seit 16 Jahren auf Fleisch - und es geht mir gut.
„Kind, dir muss doch was fehlen“ – ein beliebter Satz von Fleischessern, der sich, seit ich sechs Jahre alt bin, durch mein Leben zieht. Solange verzichte ich nämlich schon auf Fleisch. Heute bin ich 22 und ich kann jeden beruhigen: Ich bin fit und gesund, von Mangelerscheinungen keine Spur. Nur meinen Gesprächspartnern mangelte es manchmal an Verständnis.
Wer sich mit sechs Jahren überlegt, kein Fleisch mehr zu essen, weil er plötzlich merkt, dass die süßen Tiere auf dem Bauernhof vielleicht morgen auf dem eigenen Teller liegen, der hat es nicht ganz leicht. Zum einen ist es mit sechs schwer, die nötige Konsequenz aufzubringen und auf das Würstchen vom Grill zu verzichten. Zum anderen war es für mich nicht einfach, meine Idee in einer Familie voller Fleischesser durchzusetzen. Immer wieder erklärte ich besorgten Großmüttern, Onkeln und Tanten: „Ich esse nichts, was Mama und Papa hatte.“ Irgendwann wurde meine Einstellung akzeptiert. Außer von der netten Dame an der Fleischtheke, die sich, wenn ich die geschenkte Scheibe Wurst ablehnte, entsetzt an meine Mutter wandte mit der Frage „Ist sie nur Süßes?“.
Heute bin ich froh, dass ich mich durchgesetzt habe. Denn natürlich gibt es gute Gründe, auf Fleisch zu verzichten. Ich frage mich, wie man in einer aufgeklärten Gesellschaft noch unbeschwert zum Burger greifen kann. Denn eigentlich weiß jeder, wie es in der Massentierhaltung zu geht: Auf engstem Raum stehen die Tiere in ihren Exkrementen, sie leben in ewiger Dunkelheit, sehen nie eine grüne Wiese, sondern werden auf unnatürliche Weise mit Futter vollgestopft. Dann werden sie in einen Transporter gequetscht, in dem es kalt und zugig ist, und nach Osteuropa transportiert, weil dort billiger geschlachtet wird. Am Ende ihres Lebens treibt der Mensch sie zur Schlachtbank, wo sie häufig nicht einmal richtig tot sind, bevor man sie aufschneidet und verarbeitet.
Fleischesser haben eine schädliche Lebensweise
Doch der Fleischkonsum zieht noch ganz andere Kreise: Die Viehzucht führt auch zum Klimawandel, zur Überfischung der Meere und zum Hunger in der Welt. All das sind keine neuen Argumente - und gerade das macht es so unverständlich für mich, warum so viele Menschen gegen jedes besseren Wissens täglich Fleisch essen. Menschen, die das tun, halte ich für egostisch und ignorant. Weil sie nicht bereit sind, ihren Konsum einzuschränken, obwohl sie wissen, dass ihre Lebensweise schädlich ist.
Ich kenne so gut wie jede Ausrede, mit der sich Nicht-Vegetarier verteidigen. Was der Verzicht eines Einzelnen denn bringen soll, werde ich häufig gefragt. Oder ich bekomme zu hören, dass Menschen schon immer Fleisch gegessen haben. „Das war schon immer so, das bleibt auch besser so“ – hätte die Menschheit in allen Bereichen des Lebens nach dieser Überzeugung gehandelt, säßen wir heute abends nicht gemütlich vor dem Fernseher, sondern würden immer noch die Wandmalerei in unseren Höhlen bestaunen. Nur, wenn es um den eigenen Verzicht geht, ist diese Einstellung plötzlich salonfähig. Der Mensch ist bequem. Veränderungen und Verzicht sind nicht immer einfach. Aber so konsequent zu sein, wie eine Sechsjährige, das sollte doch für jeden zu schaffen sein.