Es ist nicht leicht, Günter Grass’ Abschiedsroman zu besprechen. Zu gerne hätte man damit auch ein Lebenswerk gewürdigt. Ein Werk von enormer Vitalität, in den Anfängen vor allem: kraftvoll, zuverlässig unbequem, trotzig sprachmächtig.

Aber dann sieht und liest man in seinem jetzt erschienenen Roman, dass Grass das Flechten des Lorbeers nicht anderen überlassen wollte. Er, der 82-Jährige, der sich neuerdings „ausgeschrieben“ nennt, hat es rasch selber getan. In öligen Farben schreibt da einer, der Besseres verdient hätte, noch einmal seine eigenen Heldentaten auf, fast ohne Distanz, von der eigenen Lebensleistung gänzlich hingerissen. Er sieht sich als Prophet, als Kämpfer gegen Kapitalismus, Diktatur, Faschismus – und druckst auf den fast 400 Seiten mit ein paar Zeilchen zu seinem Führer-Eid herum.

In einem Roman würde man sich über so eine Figur lustig machen. Aber diese Geschichte ist aus dem Leben eines deutschen Schriftstellers, der als Moralist gilt, der gegen das Vergessen schreibt, der vieles weiß und das oft besser.

Der Literaturnobelpreisträger hat es versäumt, für sein eigenes Bild jenes Mittel einzusetzen, das ihm in der Beschreibung anderer das wichtigste war: Skepsis. Sein neuer Roman gilt eigentlich den Brüdern Grimm. Es hat tragikomische Züge, dass Günter Grass so märchenhaft gut darin wegkommt.