Darmstadt. .
Auftakt im Benaissa-Prozess: Es tue ihr „von Herzen leid“, gestand die Sängerin der „No Angels“ vor dem Amtsgericht Darmstadt. Die 28-Jährige gab zu, einen Mann wissentlich mit dem Aids-Virus angesteckt haben.
Die wegen Ansteckung eines Ex-Liebhabers mit dem Aids-Virus angeklagte No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa hat zu Beginn ihres Prozesses ein Geständnis abgelegt. Die 28-Jährige räumte am Montag vor dem Amtsgericht Darmstadt ein, dass sie ungeschützten Sex hatte, obwohl sie von ihrer HIV-Infektion wusste. „Es tut mir von Herzen leid“, versicherte sie. „Ich habe keineswegs gewollt, dass mein Partner infiziert wird.“
Die Sängerin muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten sowie wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung. Sie hat laut Staatsanwaltschaft seit 1999 von ihrer Infektion mit dem Aids-Virus gewusst. Sie soll diese aber ihren Partnern verschwiegen haben und mit fünf Männern ohne Kondom geschlafen zu haben. Im Jahr 2004 steckte sie einen Mann an. Der heute 34-Jährige nimmt als Nebenkläger am Prozess teil. Er erstattete im Jahr 2008 Strafanzeige gegen Benaissa.
Als Zeuge wandte sich der Künstlerbetreuer aus Frankfurt am Main direkt an die Angeklagte: „Du hast mir so viel Leid zugetragen!“, warf er ihr vor. Die beiden hatten nach seinen Angaben 2004 eine etwa drei Monate dauernde Beziehung, nachdem sie sich bei Studioaufnahmen in Frankfurt-Höchst kennengelernt hatten. Er sagte, sie hätten fünf bis sieben Mal miteinander geschlafen, davon zwei oder drei Mal ohne Kondom. Danach habe Nadja bei der MTV-Sendung „Dismissed“ in der Dominikanischen Republik einen neuen Mann kennengelernt und mit ihm mehrmals ungeschützt am Strand Sex gehabt.
„Es geht mir nicht ums Geld“
Der 34-Jährige sagte, die Tante der Sängerin habe ihn im Februar 2007 gefragt, ob er nicht gewusst habe, dass Nadja HIV-positiv sei. Daraufhin habe er einen Test gemacht. Er habe ein Jahr gebraucht, um mit der Diagnose HIV-positiv klarzukommen. Sein Arzt habe ihm gesagt, Aids könne jederzeit ausbrechen.
„Ich bin in meiner Lebensqualität komplett eingeschränkt“, sagte der Zeuge. So könne er nicht in ferne Länder reisen. Sein Einkommen habe sich halbiert. „Es geht mir nicht ums Geld“, betonte der Nebenkläger. „Über die Zeit hat sich mein Brechreiz erhöht.“ Der Zeuge erklärte, das Management der No Angels habe versucht, ihn zum Schweigen zu bringen. Der 34-Jährige hatte Nadja Benaissa nach eigenen Angaben angeboten, sie solle sich öffentlich zur HIV-Infektion bekennen und der Aids-Hilfe 100.000 Euro spenden. Dann hätte er sie nicht angezeigt. Kurz zuvor hatte Benaissa aber eine Eidesstattliche Versicherung über ihre Zahlungsunfähigkeit abgegeben.
Ihr Verteidiger Oliver Wallasch verlas zu Prozessanfang eine Erklärung der Angeklagten. Das Verfahren habe ihr vor Augen geführt, dass ihr Umgang mit der Krankheit falsch gewesen sei, bekannte sie. Sie könne sich nicht an alle Einzelheiten ihres Intimlebens in den vergangenen zehn Jahren erinnern, aber die Anklagevorwürfe träfen zu.
Vor Auftritt in Diskothek festgenommen
Nadja Benaissa war am 11. April 2009 vor einem Auftritt in einer Frankfurter Diskothek festgenommen worden und saß danach zehn Tage lang in Untersuchungshaft. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft und Polizei stieß auf Kritik. Ihnen wurde vorgeworfen, die prominente Sängerin und Mutter eines schulpflichtigen Kindes an den Pranger zu stellen. Die Deutsche Aids-Hilfe kritisierte, dass die Verantwortung für ungeschützten Verkehr allein Benaissa zugeschoben werde.
Weil die Angeklagte zu Anfang der Tatzeit noch Jugendliche war, findet der Prozess vor dem Jugendschöffengericht statt. Die Kammer hat fünf Verhandlungstermine angesetzt, demnach wäre am 26. August mit dem Urteil zu rechnen. (apn)