Berlin.
Die Koalition berät ihr Sparbeschleunigungsprogramm: Nach Medienberichten sollen in den nächtsen drei Jahren fast 30 Milliarden Euro gespart werden. Aber auch Steuererhöhungen schließt die CDU nicht aus.
Vor dem Hintergrund anhaltender Differenzen über den künftigen Sparkurs kommt die Koalition am Sonntag zu einer zweitägigen Haushaltsklausur zusammen. Bei dem Treffen im Bundeskanzleramt sollen nach Informationen der „Bild“-Zeitung in drei Stufen fast 30 Milliarden Euro gespart werden. Trotz des Widerstands der FDP kündigten Unions-Politiker Steuererhöhungen an. Vertreter von Wirtschaftsverbänden und Arbeitgebern drängen die Bundesregierung zu Ausgabenkürzungen, vor allem im Sozialbereich. Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie kündigte Widerstand gegen sozial ungerechte Kürzungen an.
Laut „Bild“-Zeitung ist im kommenden Jahr Minus von zwölf Milliarden Euro geplant. 2012 soll das Defizit um zehn Milliarden gedrückt werden, 2013 noch mal um fünf Milliarden Euro. Dem Bericht zufolge steht der 143-Milliarden-Etat von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) besonders im Fokus. Kürzungen seien unter anderem bei Jobprogrammen und „Hartz IV“ vorgesehen. Die FDP wolle zudem ans Arbeitslosengeld.
Elterngeld soll gekürzt werden
Wie „Bild.de“ schreibt, ist in den Haushaltsverhandlungen auch eine drastische Kürzung des Elterngeldes diskutiert worden. Danach soll der Höchstsatz von 1800 Euro auf 1200 Euro pro Monat sinken. Ab 2011 soll es auch Steuererhöhungen geben. Als wahrscheinlich gelten laut Bericht eine Anhebung der Tabaksteuer sowie die Einführung von Bankenabgabe und eine Extrasteuer für Energiekonzerne, die sogenannte Brennelementesteuer.
Nach einem Bericht der „Rheinischen Post“ soll der befristete Zuschlag bei den „Hartz IV“-Leistungen entfallen, den Arbeitslose bisher zwei Jahre lang erhalten, wenn sie vom Arbeitslosengeld I in das Arbeitslosengeld II übergehen. Auch bei den Eingliederungshilfen für Langzeitarbeitslose solle gespart werden.
Laut „Wirtschaftswoche“ lässt Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) verschiedene Beihilfen für Landwirte prüfen. Danach wird überlegt, das fast 600 Millionen Euro teure Milch-Sonderprogramm für 2010 und 2011 zu kappen. Zudem werde die Agrardieselvergünstigung von jährlich rund 285 Millionen Euro infrage gestellt.
CDU schließt Steuererhöhungen nicht aus
Nach den Worten von CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wird auf der Klausur zwar „in erster Linie“ übers Sparen gesprochen. Er fügte aber hinzu: „Dennoch werden wir auch manche Einnahmeverbesserung in Erwägung ziehen müssen, zum Beispiel bei der Tabaksteuer.“ Auch die Aufteilung in vollen und ermäßigten Mehrwertsteuersatz müsse überprüft werden.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) trat ebenfalls für Mehreinnahmen bei der Mehrwertsteuer ein. „Durch die verminderte Mehrwertsteuer nimmt der Staat rund 20 Milliarden Euro weniger ein. Da können wir relativ einfach einige Milliarden zusätzlicher Einnahmen generieren.“
Zur Finanzierung der geplanten Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen fordert die CSU-Landesgruppe im Bundestag Steuererhöhungen für Gutverdiener. Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich regte dazu Steuererhöhungen für Bezieher von Einkommen über dem Durchschnitt an. Auch bei den Sozialleistungen, wie Wohn- und Elterngeld forderte der CSU-Landesgruppenchef Einschnitte.
Ähnliche Forderungen kommen von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Hauptgeschäftsführer Peter Clever sagte, die BDA erwarte, „dass auf der Ausgabenseite etwas passiert“.
Wirtschaft gegen Erhöhung von Steuern und Abgaben
Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, warnt die Bundesregierung vor einer Erhöhung von Steuern und Abgaben zum Abbau der Staatsverschuldung. Nötig sei eine Kombination aus Einsparungen, Subventionsabbau und Wachstum. Von den Sparanstrengungen könne kein Ressort ausgenommen werden.
Vor überzogenen Kürzungen im Sozialbereich warnte die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie die Bundesregierung. Insbesondere die Steuerfreiheit von Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen müsse erhalten bleiben, forderte Gewerkschaftschef Michael Vassiliadis. „Wenn die schwarz-gelbe Koalition an die Steuerfreiheit rangeht, überschreitet sie eine rote Linie. Dann gibt es richtig Krach“. (ddp)