Berlin. .

Der neue Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP), tritt am Donnerstag sein Amt an. Redakteur Dirk Hautkapp sprach mit ihm über Defizite in der Bundeswehr, den Panzerschreck „Leopard 2“ und die Waffen der Tailban.

Herr Königshaus, was würden Sie über die Bundeswehr am liebsten sagen, wenn Ihre Amtszeit als neuer Wehrbeauftragter des Bundestags in fünf Jahren endet?

Hellmut Königshaus: Dass die Arbeit der Soldatinnen und Soldaten gesellschaftlich uneingeschränkt anerkannt ist. Und dass sie bestmöglich ausgerüstet und ausgebildet sind, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Es sollte dann keine Defizite mehr geben, die den Schutz der Soldatinnen und Soldaten einschränken.

Welche sind das heute?


Königshaus: In Afghanistan fehlt es noch immer an einer ausreichenden Zahl geschützter Fahrzeuge, an Aufklärungssystemen, eigenen Hubschraubern und robusten Waffen. Auch wenn jetzt schon teilweise Abhilfe geschaffen wird. Aber das reicht noch lange nicht.

Reden Sie da nicht einer weiteren Militarisierung eines ohnehin schon verlustreichen Einsatzes das Wort?

Königshaus: Nein. Der Verteidigungsminister sagt richtigerweise, dort herrsche, „volkstümlich gesagt Krieg“. Das stimmt, aber die Waffen der Taliban sind real. Wir müssen den jeweils militärisch Verantwortlichen einen „Baukasten“ an Einsatzmitteln zur Verfügung stellen, der für jede Situation das geeignete Mittel enthält. Ich kann ja auch nicht bei der Feuerwehr sagen, ich schaffe mir keinen Schaumlöschwagen an, weil es ja meistens mit Wasser geht. Meistens ja, aber nicht immer.

Keine Abstriche bei der Sicherheit der Soldaten

Die jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten stellen den Staat vor neue Sparzwänge. Muss der Wehr-Etat abrüsten?

Königshaus: Ich glaube nicht, dass - von einzelnen Beschaffungsvorhaben abgesehen - hier noch viel Speck ist, den man herausschneiden kann. Bei gleich bleibender oder sich künftig sogar noch verschärfender Sicherheitslage wie in Afghanistan darf es keine Abstriche bei der Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten geben.

Was haben Sie gedacht, als Bundeskanzlerin Angela Merkel Ihren Vorstoß, den schweren „Leopard 2“- Panzer in Afghanistan einzusetzen, indirekt als Ausdruck von Inkompetenz bezeichnet hat?

Königshaus: Ich weiß nicht, ob sie mich gemeint hat. Wir wissen doch, die Kanadier und Holländer setzen diesen Panzer in Afghanistan mit Erfolg ein. Weniger, um zu schießen. Sein Anblick wirkt abschreckend genug. Wo er auftaucht, sind Gefechte schnell beendet, weil sich die Angreifer zurückziehen. In der Bundeswehr selbst wird das in weiten Teilen übrigens auch so gesehen. Aber nicht immer laut gesagt.

Warum wird der „Leopard“ 2 dann nicht eingesetzt?

Königshaus: Ich glaube, früher wollte man den Eindruck vermeiden, dort herrsche Krieg. Aber jetzt ist die Lage dort kriegsähnlich. Wir sollten eine tabufreie Diskussion darüber führen, was unseren Soldatinnen und Soldaten helfen kann.

Stimmt es eigentlich, dass die Bundeswehr in Afghanistan keine Munition mit ausreichender Durchschlagskraft besitzt?

Königshaus: Das wird so aus den Einsatzgebieten berichtet. Aber auch hier hat das Verteidigungsministerium bereits reagiert.

Ihr Vorgänger, Reinhold Robbe, hat der Bundeswehrführung vorgehalten, den Afghanistan-Einsatz „beschönigt“ zu haben. Mit der Konsequenz, dass die Politiker, zu denen auch Sie gehören, die Sache harmloser dargestellt haben, als sie ist. Zutreffend?

Königshaus: Ja, das ist auch mein Eindruck. Die Politik hat diese Darstellung gerne übernommen. Das hängt mit der Stimmung in der Bevölkerung zusammen. Wenn man schon vor sechs, sieben Jahren gesagt hätte, dort gehe es nicht nur um Aufbau, sondern auch um dessen Sicherung und faktisch auch um Gefechte, wäre manches anders gelaufen.

Sie waren lange Jahre Entwicklungshilfe-Politiker. Wie ist die Lage in Afghanistan?

Königshaus: Es ist weithin unbekannt, dass es dort, auch im Norden des Landes, der unter deutscher Verantwortung steht, noch immer einen echten Hungergürtel gibt. Ein Grund: Es fehlen Staudämme. Im Frühjahr gibt es regelmäßig Überschwemmungen durch die Schneeschmelze, im Sommer Dürre wegen der Hitze; da kann nichts dauerhaft gedeihen. Wir wären heute bestimmt beliebter und kein Taliban käme mehr dagegen an, wenn sich Deutschland in den Jahren, als es ruhig war im Norden, noch stärker mit Aufbauhilfe engagiert hätte.