Athen. .
Aus Angst vor Unruhen stornieren viele Urlauber ihre Griechenland-Reise. Experten rechnen in diesem Jahr allein mit 300 000 Deutschen weniger. Für das gebeutelte Land, das auf Einnahmen aus dem Tourismus dringend angewiesen ist, ist das eine Katastrophe.
Straßenschlachten vor dem Athener Parlament, rote Fahnen mit Hammer und Sichel auf der besetzten Akropolis, die ausgebrannte Ruine einer Bankfiliale, in der drei Menschen starben: Gegen solche Bilder kann das freundliche „Kalimera” (guten Morgen), mit dem die staatliche griechische Fremdenverkehrsorganisation EOT um Urlauber wirbt, wenig ausrichten. Streiks und Proteste der Gewerkschaften gegen das Sparprogramm der Regierung vergraulen immer mehr Besucher. In 28 Athener Hotels wurden 5800 Übernachtungen storniert, meldet der Verband der griechischen Tourismusunternehmen (Sete).
Besonders hart trifft es den Konferenz-Tourismus: In der Hauptstadt Athen wurden bereits 21 geplante Kongresse abgesagt, weitere 13 Großveranstaltungen auf der Insel Kreta und im nordgriechischen Thessaloniki sowie auf der Halbinsel Chalkidiki storniert. Beunruhigend seien die Buchungsrückgänge auf dem deutschen Markt, sagt der Sete-Vorsitzende Nikos Angelopoulos.
Reisewarnungen
Nach den Briten stellen die Deutschen die zweitgrößte Urlaubergruppe in Griechenland. „Wenn sich der bisherige Trend bestätigt und die Buchungen in Deutschland um 15 Prozent fallen, werden dieses Jahr 300 000 Deutsche weniger nach Griechenland kommen”, rechnet Giorgos Drakopoulos vor, der Generalsekretär des Verbandes. Fünf Staaten haben nach den jüngsten Unruhen bereits Reisewarnungen oder Reisehinweise zu Griechenland herausgegeben, darunter auch Deutschland.
Außerhalb der großen Städte bekommen die Touristen zwar von den Protesten höchstens in den abendlichen Fernsehnachrichten etwas mit. Aber die häufigen Streiks können die Urlaubsplanung durcheinanderbringen. So haben die Fluglotsen bereits mehrfach in diesem Frühjahr mit Ausständen den gesamten Luftverkehr für jeweils 24 Stunden lahmgelegt. Auch mit weiteren Streiks der Seeleute-Gewerkschaft, die bereits mehrfach den Fährverkehr zu den griechischen Inseln blockierte, ist durchaus zu rechnen.
Von der Entwicklung des Tourismus hängt für Griechenland jetzt, in der Schuldenkrise, mehr denn je ab. Der Fremdenverkehr steht für 18 Prozent des griechischen Bruttoinlandsprodukts. Jeder fünfte griechische Arbeitnehmer lebt direkt oder indirekt vom Tourismus.
Weil der Konsum wegen der Gehaltskürzungen und Steuererhöhungen zurückgehen dürfte, können Wachstumsimpulse eigentlich nur aus dem Fremdenverkehr kommen. Doch so lange die Griechen streiken und protestieren, ist daran wohl kaum zu denken.
Es fehlt das Geld
für Werbung
Die Fremdenverkehrsorganisation EOT hat jetzt einen zehnköpfigen Krisenstab gebildet. Er soll Strategien zur Förderung des Tourismus entwickeln.
Viel Geld für Werbung steht allerdings angesichts leerer Staatskassen nicht zur Verfügung. Und für Anzeigenkampagnen aus früheren Jahren schuldet EOT ausländischen und griechischen Medien sogar noch rund 100 Millionen Euro.