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Ein richtungsweisendes BGH-Urteil: Nutzer eines kabellosen Internet-Zugangs müssen keinen Schadenersatz leisten, wenn Fremde den Anschluss zum Herun­terladen illegaler Inhalte nutzen. Die Musikindustrie warnt Nutzer aber vor allzu großen Erwartungen.

Worum geht es?

Geklagt hatte der Rechteinhaber des Lieds „Sommer un­seres Lebens“ gegen den Besitzer eines kabellosen Netzwerkes (W-LAN). Der Beklagte habe das Lied über eine Tauschbörse heruntergeladen und für andere verfügbar ge­macht. Der Inhaber des An­schlusses war zum Zeitpunkt des Herunterladens im Urlaub und konnte dies nachweisen. Er hatte aber versäumt, den Drahtlos-Zugang zum Netz mit einem Passwort zu si­chern. So konnte ein Unbekannter das offene Netzwerk nutzen, um es für illegale Downloads zu nutzen. Eine an ihn gerichtete Abmahnung und Strafzahlung lehnte der Beklagte ab und legte Widerspruch ein.


Wie urteilte das Gericht?

Der BGH sprach den Beklagten vom Tatbestand der Urheberrechtsverletzung frei. Allerdings obliege auch privaten Anschlussinhabern eine Pflicht zu prüfen, „ob ihr WLAN-Anschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen vor der Gefahr geschützt ist, von unberechtigten Dritten“ missbraucht zu werden.

Im Klartext: Der Anschlussinhaber muss die Verschlüsselung seines Internet-Routers einschalten, wenn dies nicht bereits werksseitig geschehen ist. Nach Ansicht des BGH ist dies ein dem Anschlussinhaber zumutbarer Aufwand, der zudem mit keinen weiteren Kosten verbunden sei.

Warum ist das Urteil richtungsweisend?

Weil es mit überzogenen Abmahnkosten aufräumt. In den vergangenen Jahren hatte vor allem die Musik- und Filmindustrie das Mittel der Abmahnung genutzt, um illegale Downloads von Musik und Kinofilmen aus dem Netz zu unterbinden. Dabei fielen meist neben Schadensersatzforderungen hohe Abmahnkosten an. Diese beschränkte das Gericht gestern nun auf 100 Euro, wenn es zu Verstößen über ein Drahtlos-Netzwerk komme.

Was sagen die Musikverleger zum BGH-Urteil?

Der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) warnt In­ternetnutzer vor überzogenen Erwartungen. „Bei Abmahnungen, die sich auf ganze Alben, Filme oder Hörbücher beziehen, handelt es sich nach der bisherigen Rechtsprechung um gravierende Urheberrechtsverletzungen“, be­tonte der Verband in seiner Stellungnahme. Hier greife die Deckelung auf 100 Euro Abmahngebühren nicht.


Wie kann ich mein Drahtlos-Netzwerk vor unberechtigten Zugriffen schützen?

IT-Experten empfehlen W- LAN-Router mit der Verschlüsselungstechnik WPA2. Diese entspreche dem neusten Stand der Technik und gelte bislang als sicher, sagt Johannes Endres vom Computer-Magazin „c’t“. Die meisten Geräte am Markt hätten eine automatisch aktivierte Verschlüsselung, die auch sicher sei. W-LAN-Nutzer könnten leicht überprüfen, ob ihre Verbindung zum Router passwortgeschützt sei.

„Moderne Betriebssysteme warnen den Nutzer, wenn eine unsichere Verbindung aufgebaut werden soll“, so der Experte. Wer ein Gerät ohne aktivierte Verschlüsselung erworben habe, solle sich ein Passwort zulegen, das in keinem Wörterbuch stehe und lang sei.