Athen. .
Die griechische Regierung hat ein Sparpaket in Höhe von 30 Milliarden Euro angekündigt - Im Gegenzug erhält das Land von der EU und dem Währungsfonds Kreditzusagen für rund 110 Milliarden. Auf Deutschland kämen Risiken von 22 Milliarden Euro zu.
Das vor dem Staatsbankrott stehende Griechenland kann nach einer Verpflichtung auf drastische Einschnitte im Staatshaushalt mit Milliardenhilfen vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und den Euro-Ländern rechnen. Insgesamt 110 Milliarden Euro sollen in den nächsten drei Jahre fließen, teilte der Chef der Euro-Gruppe, der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker am Sonntagabend in Brüssel nach dem offiziellen Beschluss der beteiligten Staaten mit. 80 Milliarden sollen dabei von den Euro-Ländern kommen. Auf Deutschland entfallen nach Angaben von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) 22 Milliarden Euro.
Pensionen werden gekürzt, die Steuern erhöht
Athen hatte zuvor weitere Sparanstrengungen in Höhe von 30 Milliarden Euro in den kommenden drei Jahren angekündigt. Um das Vertrauen der Euro-Partner zurückzugewinnen, sagte Athen zu, das griechische Haushaltsdefizit von zuletzt 13,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis 2014 unter die Drei-Prozent-Grenze des EU-Stabilitätspakts zu drücken. Finanzminister Papakonstantinou äußerte die Hoffnung, dass ab 2014 auch die Gesamtverschuldung Griechenlands zurückgehen werde. Konkret kündigte Papakonstantinou eine Kürzung der Urlaubsgehälter für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst an. Auch staatliche Pensionen sollten gekürzt werden. Geplant sei ferner eine Anhebung der Mehrwertsteuer von 21 auf 23 Prozent. Schäuble wiederum betonte, IWF und die EU würden sicherstellen, dass die Sparanstrengungen „streng und in kurzen Fristen überwacht“ würden.
Das Geld werde in Tranchen ausgezahlt und davor werde jeweils überprüft, ob Griechenland seine zugesagten Sparmaßnahmen auch umsetzte, betonte auch der österreichische Finanzminister Josef Pröll. Die französische Finanzministerin Christine Lagarde unterstrich, an den Krediten für Athen würden die Europartner verdienen. „Sie werden zurückgezahlt, plus Zinsen.“ Die Regierung in Athen werde sowohl vom IWF sowie von der EU-Kommission überwacht. „Sie werden sicherstellen, dass Griechenland seine Verpflichtungen einhält“.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte das auf mehrere Jahre angelegte Spar- und Reformpaket. Sie betonte, die Stabilisierung Griechenlands liege im Interesse der Stabilität der Gemeinschaftswährung Euro. Schäuble unterstrich, mit dem griechischen Sanierungsprogramm sowie den in Aussicht gestellten Geldern des Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie der Euro-Zone seien die Weichen gestellt, dass Griechenland „seine Finanzen sanieren und die Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen“ kann.
Beschleunigtes Nothilfe-Gesetz
Bereits am Montag will das Bundeskabinett in Berlin den deutschen Beitrag beschließen und das Nothilfe-Gesetz auf den Weg bringen. Am Freitag soll die Vorlage von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. „Ich setzte mich jedenfalls für einen solchen Weg ein“, sagte Merkel. Die SPD machte unterdessen ihre Zustimmung davon abhängig, dass die Banken in das Rettungspaket verpflichtend einbezogen würden. Die deutschen Steuerzahler dürften „nicht zum zweiten Mal für die Zockerei der Banken zahlen“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel.
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten bereits im März zugesagt, Griechenland im ersten Jahr eines Hilfsprogramms mit 30 Milliarden Euro zu unterstützen. Am 11. April beschlossen die Finanzminister der Eurozone einen konkreten Rettungsplan für das hoch verschuldete Griechenland. Am 23. April bat Athen die EU und den IWF, die Hilfen zu aktivieren. Über das Rettungspaket soll ein Gipfeltreffen der Euro-Gruppe am 7. Mai in Brüssel entscheiden.
Damit Deutschland mit konkreten Zusagen zu dem Gipfel fahren kann, plant die Bundesregierung ein beschleunigtes Gesetzgebungsverfahren. Bis 7. Mai soll ein Gesetz von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden, das der staatlichen Förderbank KfW die notwendigen Milliardenkredite an Griechenland verbürgt.
Merkel versucht zu beruhigen
Merkel trat Befürchtungen entgegen, aus den Bürgschaften könnten unmittelbare Milliardenrisiken für den deutschen Steuerzahler entstehen. Zunächst einmal gehe es um Garantien, sagte die Kanzlerin. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) würde Griechenland Kredite gewähren, die der Bund garantiere und deren Rückzahlung das Anpassungsprogramm gewährleisten soll.
An eine Ausweitung des Kreditproblems auf weitere Euro-Staaten glaubt Merkel derzeit nicht. „Alle Experten sagen, dass Portugal, Spanien und Irland deutlich besser als Griechenland dastehen“, sagte sie. Auch für den Koalitionspartner FDP muss das Hilfsprogramm für Athen einmalig bleiben. „Einmal und nie wieder. Es darf keinen Automatismus für weitere Zahlungsrunden zulasten auch der deutschen Steuerzahler geben“, sagte der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) erneuerte seine Forderung nach einer Insolvenzordnung für Staaten.
Massive Kritik kam von der Opposition. SPD-Chef Frank-Walter Steinmeier warf Merkel ein katastrophales Krisenmanagement vor. Auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte, seit Februar habe Merkel aus wahltaktischen Gründen schnelle Hilfen für Griechenland blockiert. Für die Linke forderte deren Finanzexperte Michael Schlecht eine Zwangsanleihe der Banken zur Rettung Griechenlands. (ddp)