Wuppertal. .

Achteinhalb Jahre Haft für Kassandras Martyrium: Das Wupptertaler Schwurgericht verurteilte den 14-jährigen Täter am Mittwoch wegen versuchten Mordes. Die Kammer verhängte damit über ein Jahr mehr als der Staatsanwalt gefordert hatte.

Er hat versucht, die neunjährige Kassandra zu töten, sagt das Wuppertaler Schwurgericht, „mit massiver Anstrengung” und „entsetzlicher Gründlichkeit”. Dafür soll der 14-jährige Sonderschüler achteinhalb Jahre in Jugendhaft, sogar mehr als ein Jahr höher als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Nach Beobachtungen von Prozessbeteiligten zeigte der Angeklagte auf das Urteil jedoch keinerlei Reaktion.

Dass die Kammer das Martyrium der Grundschülerin vom vergangenen September nun so genau nachvollziehen kann, lag an der Einlassung des Angeklagten: Der hatte, nachdem er ein halbes Jahr lang zur Tat geschwiegen hatte, ein „umfassendes Geständnis“ abgelegt, so Thorsten Anger, der als Sprecher des Gerichts an der Urteilsverkündung teilnahm. Wegen des Alters von Täter und Opfer war die Öffentlichkeit vom Prozess ausgeschlossen.

„Außergewöhnliche Brutalität“

Danach hatte der damals 14-Jährige Kassandra hinter einer Turnhalle in Velbert-Neviges aufgelauert, um sie zur Rede zu stellen: Sie habe ihn verpetzt, seither habe er nicht mehr mit ihrem Bruder spielen dürfen. Als das Mädchen nach heftigen Hieben liegen blieb, schlug er „aus Angst vor Entdeckung” mit einem zehn Kilo schweren Stein in ihr Gesicht. Den ohnmächtigen Körper warf er kopfüber in den Kanalschacht. Weil er sah, dass sie noch lebte, zielte er mit weiteren Brocken nach ihrem Kopf.

Von „außergewöhnlicher Brutalität” sprach der Vorsitzende Richter Ralph von Bargen. Ein Polizeihund fand das halbtote Kind erst am nächsten Tag unter dem sorgsam abgedeckten Gullydeckel: den Schädelknochen mehrfach gebrochen, Leber und Lunge lebensgefährlich verletzt. Das Wasser, durch nächtlichen Regen rasant angestiegen, stand ihm schon bis zu den Ohren. „Hätte sie noch länger dort gelegen“, so Angers Bericht aus dem Gerichtssaal, „wäre sie sehr wahrscheinlich erstickt oder ertrunken.“

Eltern betroffen

Kassandra kann sich an all das nicht erinnern; sie geht seit den Osterferien wieder zur Schule. Ihre Eltern verließen das Gericht am Mittwoch betroffen: Zwar sähen sie das Urteil als „Wendepunkt“, um endlich nach vorn zu blicken, so ihr Anwalt Holger Boden. „Aber wenn zwischen zwei Kindern so etwas geschieht, kann keiner zufrieden sein.“