Lissabon. .

Die Odyssee geht für Bundeskanzlerin Angela Merkel weiter. Nach ihrem unplanmäßigen Aufenthalt in Lissabon flog sie am Samstagvormittag weiter nach Rom. Anschließend fuhr sie mit dem Auto nach Südtirol. Nun hat sie ihre Teilnahme an der Trauerfreier für Kaczynski abgesagt.

Nun also Rom. Sucht sie päpstlichen Beistand? Angela Merkels USA-Tour nimmt bizarre Züge an. Von Lissabon flog sie am Samstagmorgen nach Italien. Hauptsache näher an Deutschland, sagte sich Merkel. Die Regierungsmaschine landete am Samstagnachmittag auf einem kleinen Militärflughafen nahe der italienischen Hauptstadt. Mit dem Auto geht es von Rom weiter nach Bozen in Südtirol, wo sie auch übernachten will. Aber auch die Autofahrt folgte Murphys Gesetz: Nach knapp zwei Stunden platzte der Reifen des Busses mit der Delegation. Am Sonntag hofft Merkel, endlich weiter zu fliegen, vermutlich mit dem Hubschrauber.

Doch schon jetzt hat Merkel wie US-Präsident Barack Obama ihre für Sonntag geplante Teilnahme am Begräbnis des polnischen Staatspräsidenten Lech Kaczynski und seiner Ehefrau Maria in Krakau abgesagt. Grund dafür seien die massiven Einschränkungen im Flugverkehr, teilte die stellvertretende Regierungssprecherin Sabine Heimbach am Samstagabend in Berlin mit.

Merkel habe ihre Entscheidung dem polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski „mit dem Ausdruck größten Bedauerns“ mitgeteilt, hieß es. Außenminister Sikorski habe „vollstes Verständnis“ für die Absage der Bundeskanzlerin geäußert, deren Rückreise aus den USA in Folge des Vulkanausbruchs sich außerordentlich kompliziert und langwierig gestaltete.

Lissabon statt Berlin

Schon jetzt ist es die schrägste Kanzlerreise aller Zeiten. «See the world in six days - with Merkel-Tours». Merkel selbst lebt Gelassenheit vor. In ihrer Delegation macht sich allmählich Galgenhumor breit. Wer drei Tage in denselben Klamotten rumlauft und vor lauter Hektik keine Chance hat, neue Kleidung zu kaufen, wird langsam unleidlich.

Rückblick: Dieser Trip wird zum Abenteuer. Rund 800 Kilometer vor dem europäischen Festland wird Merkel am Freitag klar: Eine Kurskorrektur wird fällig. Noch leicht zerzaust von einer Nacht im Flugzeug kommt die Kanzlerin zu den Journalisten, die sie eine Woche lang auf einer US-Tour begleitet hatten. Die Kanzlerin hat einen unfreiwilligen, einen fürwahr erzwungenen Zwischenstopp zu melden: Es geht zunächst nicht nach Berlin, sondern nach Lissabon, Portugals Hauptstadt.

Wegen des Vulkanausbruchs über Island ist der gesamte Luftraum über Nordeuropa gesperrt. Eine einzige Aschewolke. Nach dem zehnstündigen Atlantik-Flug bietet sich Lissabon geradezu an als erste Station für die Kanzlermaschine, für die „Konrad Adenauer“. Als der Airbus 310 am Donnerstag in San Francisco, abhebt, hegt Luftwaffen-Kapitän Oberstleutnant Wolfgang Watz noch eine Resthoffnung, dass er seinen wichtigsten Fluggast halbwegs planmäßig zurück in die Heimat fliegen kann. Der Flughafen Tegel ist zu dem Zeitpunkt zwar auch schon längst gesperrt. Aber südlich der Mainlinie geht noch was. Die erste Alternativplanung - in München landen und dann mit dem Bus nach Berlin - sollte sich alsbald als illusionär erweisen.

Trügerische Hoffnungen

WAZ-Korrespondent Miguel Sanches ist mit der Kanzlerin unterwegs.
WAZ-Korrespondent Miguel Sanches ist mit der Kanzlerin unterwegs.

Der erste Halt ist sogar noch im Plan. Der Airbus kann die Strecke San Francisco-Berlin ohnehin nicht nonstop zurücklegen; dafür hat er nicht genug Reichweite. In Grand Forks, im Bundesstaat North-Dakota an der Grenze zu Kanada, landet die Maschine zum Tanken auf einem Flugplatz der US Air Force. Es wird noch mal extra viel Kerosin getankt. Die übliche Nordatlantik-Route - an Island vorbei - verbietet sich. Der Kapitän entschließt sich, 2000 Kilometer weiter südlich und 1000 Kilometer länger zu fliegen. Noch hegt er die trügerische Hoffnung, auf Umwegen nach Deutschland zu kommen.

Als sich der Plan zerschlägt, greift Merkel zum Telefon. Sie war in Berlin mit Finanzminister Wolfgang Schäuble verabredet und hätte eine Lagebesprechung mit Kanzleramtschef Ronald Pofalla gehabt. Aber auch Jürgen Rüttgers musste sie vertrösten. Für Samstag war sie als Hauptrednerin bei der CDU-Kundgebung in Neuss eingeplant - der Termin fiel nun in Wasser. So ist auch der NRW-Wahlkampf betroffen. „Dann muss Rüttgers eben warten“, sagte Merkel. Dem CDU-Spitzenkandidaten bleibt aber auch nichts erspart.

In den letzten Tagen war so einiges nicht ganz nach Plan verlaufen. In Hollywood hatten die Stars die Kanzlerin versetzt, in San Francisco wurde sie mit der Nachricht vom Tod von vier deutschen Soldaten in Afghanistan konfrontiert, ein Schock. Und nun kommt auch noch die schräge Odyssee dazu.