Washington.
Nach zwei Tagen Mammut-Debatte war US-Präsident Barack Obama zufrieden: Der Atomgipfel werde die Welt sicherer machen, so sein Fazit. Zuvor hatten sich die 47 Staats- und Regierungschefs darauf geeinigt, gegen Atomschmuggel vorzugehen. Am Ende ein wohl eher symbolisches Ergebnis.
Die Frage hing zwei Tage lang über dem Mammutereignis: Hat sich das wirklich gelohnt? Noch nie hatte Washington eine derartige Ballung von Staats- und Regierungschefs erlebt. Fast 50 Länder folgten der Einladung von US-Präsident Barack Obama, in dem festungsartig abgeriegelten Konferenzzentrum in Washingtons Innenstadt über die Gefahr nuklearer Materialien in den Händen von Terroristen zu beraten. Am Ende standen einige konkrete Gesten, viele offene Fragen - und ein Gastgeber in Hochstimmung: Der Gipfel werde „die Welt sicherer machen“, befand Obama.
Das waren große Worte nach einem langen Verhandlungstag. Sie waren getragen von Obamas Hoffnung, den ersten Anstoß zu einer langfristigen Zusammenarbeit im Kampf gegen den Nuklearterrorismus gegeben zu haben. Die Worte des Präsidenten illustrierten freilich auch die Kluft zwischen Rhetorik und Resultaten. Denn die gemeinsame Abschlusserklärung der 47 Teilnehmerstaaten listet viele ambitionierte Absichtserklärungen auf, im Detail blieben zahlreiche Fragen offen.
Regierungschefs folgen Vorschlag Obamas
Die Staats- und Regierungschefs folgten Obamas Vorschlag und einigten sich darauf, strahlende Materialien weltweit binnen vier Jahren zu erfassen und zu schützen. Sie verabredeten zudem ein schärferes Vorgehen gegen Diebstahl, Handel und Schmuggel von radioaktivem Material sowie einen besseren Austausch von Informationen über Nuklearbestände. Außerdem soll Expertenwissen beim Aufspüren und bei der Strafverfolgung von Atomdelikten ausgetauscht werden. Als Kontrollinstanz soll die Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) gestärkt werden.
„Die Teilnehmer bemühen sich, die nukleare Sicherheit zu stärken und die Bedrohung des nuklearen Terrorismus zu verringern“, heißt es in dem Abschlusstext. Dessen Schwachpunkt liegt darin, dass es sich nur um freiwillige Zusagen handelt. Ein verbindlicher Mechanismus für Kontrolle und Umsetzung fehlt. Die zugesagte Zusammenarbeit unter den 47 Staaten dürfte schnell an Grenzen stoßen - etwa wenn es um die rivalisierten Atommächte Pakistan und Indien geht, die sich seit Jahrzehnten mit Argwohn beäugen, oder um Israel auf der einen Seite und arabische Länder wie Saudi-Arabien auf der anderen. Obamas Verdienst ist es, diese Staaten überhaupt an einen Tisch gebracht zu haben.
Merkel: „Ein sehr langer Weg“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach denn auch in Washington mit Vorsicht von einer „sehr erfolgreichen ersten Veranstaltung auf einem sicherlich sehr langen Weg“. Von vornherein hatten die US-Gastgeber die Doppelstrategie verfolgt, zum einen die Bedrohung eines nuklearen Terrorangriffs in den schillerndsten Farben auszumalen, zum anderen aber die Erwartungen zu dämpfen: Der Gipfel sei erst der Anfang eines langen diplomatischen Prozesses.
Einige handfeste Ergebnisse konnte Gastgeber Obama durchaus vorweisen. Die USA und Russland vereinbarten bilateral, 34 Tonnen Plutonium unschädlich zu machen; dies würde für 17.000 Atombomben ausreichen. Die Ukraine erklärte sich bereit, ihren Restbestand an 90 Kilogramm hoch angereichertem Uran aufzugeben und in die USA auszulagern. Kanada und Mexiko kündigten ähnliche Schritte an. Das hochgefährliche Material soll an wenigen schwer gesicherten Orten konzentriert werden.
Nächstes Treffen 2012
Ein weiterer Erfolg für Obama ist, dass die Atom-Diplomatie weitergeht und ein Treffen 2012 in Südkorea über das weitere Vorgehen beraten soll. Am Rande der Washingtoner Konferenz wurde zudem deutlich, dass Obamas Bemühen um bessere Beziehungen zu Russland und China Früchte zu tragen scheint. Russlands Präsident Dmitri Medwedew konstatierte eine „verbesserte Atmosphäre“ im Verhältnis zu den USA und wertete den Gipfel als „vollen Erfolg“. Und von China kamen verhaltene Signale, dass die Volksrepublik den Wunsch der USA nach neuen UN-Sanktionen gegen den nuklear ambitionierten Iran unterstützen könnte. (afp)