Essen.

Nintendo macht mobil. In den zwei neuen Pokemon-Editionen werden die virtuellen Monster nur richtig stark, wenn die Spieler sich mit ihnen in der realen Welt möglichst viel bewegen. Das soll dafür sorgen, dass Kinder sich mehr bewegen.

Mein Sohn ist zehn. Er treibt Sport. Recht viel sogar. Ansonsten liegt er gern auf dem Sofa. Spaziergänge am Wochenende hält er für „Blödsinn” und die Aufforderung, eine Runde mit den Hunden zu drehen für einen „Scherz”. Selbst die Bitte, eine Flasche Sprudel aus dem Keller zu holen, wird nur unter einer Serie von Flüchen befolgt, die in der Regel mit dem Satz enden: „Immer ich.” Doch seit wenigen Tagen ist alles anders. Denn seit wenigen Tagen hat er einen „Pokewalker”.

Der „Pokewalker” wird mit den beiden brandneuen Pokemon-Editionen ausgeliefert. „HeartGold” und „SoulSilver” (Nintendo DS; jeweils ca 40 Euro) heißen sie. Was Eltern aber in der Regel nicht viel weiter bringt. Weil sie nicht zu Hause sind in der Welt der Pokemon. Ganz anders als ihre Kinder. Sie sammeln Pokemon-Karten und sehen Pokémon-Filme. Vor allem aber spielen sie Pokemon-Spiele. Weltweit wurden davon bisher knapp 200 Millionen Exemplare seit 1996 verkauft.

Je mehr sich der Spieler mit dem Pokewalker in der Tasche bewegt, desto stärker wird das Pokemon, das er gerade virtuell mit sich herumträgt.
Je mehr sich der Spieler mit dem Pokewalker in der Tasche bewegt, desto stärker wird das Pokemon, das er gerade virtuell mit sich herumträgt.

Hunderte verschiedene Taschenmonster

Pokemon ist die Abkürzung für Pocket Monster – auf deutsch für Taschenmonster. Denn sie sind klein und eigentlich auch ganz niedlich. So niedlich, dass viele Erwachsene sie für Kinderkram halten. Damit tun sie den kleinen Kerlchen ein wenig Unrecht. Denn hinter dem putzigen Hülle verbirgt sich eigentlich ein recht komplexes Rollenspiel.

Die Pokemon können vom Spieler gefangen, gesammelt und trainiert werden. Damit sie in ihrer virtuellen Welt irgendwann erfolgreich gegen andere Pokemon antreten können. Oder gegen die Pokemon von Freunden. Erfunden hat die Fantasiewesen der Japaner Satoshi Tajiri, vermarktet werden sie von Nintendo. Deshalb waren sie früher meist auch auf dem Gameboy zu Hause. Heute sind sie es auf dem Nintendo DS und seinen diversen Ablegern.

Pikachu heißt das bekannteste Pokemon. Aber es gibt mittlerweile hunderte anderer Taschenmonster. Jungen zwischen acht und zwölf kennen sie alle. Sie vergessen vielleicht englische Vokabeln oder ihren Turnbeutel nach dem Sportunterricht. Den Namen ihrer Pokemon vergessen sie nie. Auch nicht die Edition, aus der es stammt. Blaue oder rote gibt es da. Später sind die Rubin-, Diamant-, Perl- oder Sapir-Edition dazugekommen.

Das kleine Gerät funktioniert wie ein Schrittzähler. Schliesst man es an die DS-Konsole an, kehrt das Monster samt neuer Erfahrung in das Spiel zurück und das nächste Taschenmonster kommt mit auf Trainingstour.
Das kleine Gerät funktioniert wie ein Schrittzähler. Schliesst man es an die DS-Konsole an, kehrt das Monster samt neuer Erfahrung in das Spiel zurück und das nächste Taschenmonster kommt mit auf Trainingstour.

Der Pokewalker registriert jede Bewegung

Gold und Silber, die jetzt gerade erschienen sind, gab es schon einmal vor vielen Jahren. Aber das macht nichts. Die Neuauflagen sind umfangreicher, werden von viel mehr Pokemon bewohnt und sehen auch schöner aus. Welche man kauft ist Geschmackssache. Abgesehen von einigen wenigen exklusiven Pokemons, gibt es keine Unterschiede. In beiden Editionen wird der Pokewalker mitgeliefert. Er ist klein und rund und erinnert ein wenig an das Tamagotchi-Prinzip, das in den 1990ern deutsche Teenager begeisterte. Eigentlich aber ist er nichts anderes als ein Schrittzähler. Er bringt die virtuellen Monster in die reale Welt.

Per Infrarot-Verbindung überträgt man eines seiner gefangenen Pokémon vom Nintendo DS auf seinen Pokewalker. Den steckt man in die Tasche, wo er künftig jede Bewegung des Spielers registriert und in Erfahrungspunkte für das Monster umsetzt. So wird das Pokemon immer stärker, bis man es auf den DS zurückschickt und ein anderes zum trainieren auf den Walker lädt. Trifft man unterwegs einen anderen Jungen mit einem Pokewalker, gibt es Überraschungen und kleine Geschenke. Virtuell natürlich.

Das klingt nach Quatsch, löst bei Kindern aber tatsächlich einen nie gekannten Bewegungsdrang aus. Am liebsten würde mein Sohn seinen Walker mit zum Basketball-Training nehmen. Zum Glück hat seine Trikot-Hose keine Taschen. So rennt er durchs Haus, quert Flure, steigt Treppen. Oder er läuft beim Fernsehen auf der Stelle. Nach Preisen für ein Laufband hat er sich auch bereits erkundigt. Was daraus geworden ist, kann ich nicht sagen. Ich seh meinen Sohn kaum noch. Er ist immer mit den Hunden unterwegs.