München..


Es gibt Wahrheiten, die irgendwann einfach nicht mehr hinterfragt werden. So auch die Länge des Flusses Rhein. Doch der Kölner Biologe Bruno Kremer behauptet jetzt: Der Rhein ist kürzer als bisher gedacht. Ein simpler Zahlendreher könnte der Grund dafür sein.

Der Rhein ist nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ kürzer als bislang angenommen. Der Fluss sei von der Quelle in der Schweiz bis zur Mündung in den Niederlanden nicht 1.320 Kilometer lang, sondern lediglich etwa 1.230 Kilometer, schreibt das Blatt in seiner Wochenendausgabe. Offenbar handele es sich um einen simplen Zahlendreher.

Der Fehler habe sich vor etwa 50 Jahren eingeschlichen, sagte der Kölner Biologe Bruno Kremer der Zeitung. Dem Wissenschaftler war bei Arbeiten zu einem Kompendium über den Rhein aufgefallen, dass dessen Länge noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit 1.230 Kilometern angegeben wurde. „Moderne Lexika und zahlreiche Veröffentlichungen von Bundesbehörden geben aber eine Rheinlänge von circa 1.320 Kilometern an.“

Also habe er weitergeforscht und auch eigene Berechnungen angestellt. Sein Ergebnis: „Die Zahlenangabe der modernen Nachschlagewerke ist schlicht falsch. Es muss sich um einen banalen Zahlendreher handeln. Irgendwann um 1960 wurde wohl aus 1.230 eine 1.320“, sagte der Wissenschaftler. Er sei auf eine Länge von 1.233 Kilometern gekommen, wobei er sich vielleicht um einen oder zwei Kilometer vertan haben könnte.

„Kann nicht stimmen“

„Eine Rheinlänge von 1.320 Kilometer ergibt einfach keinen Sinn. In diesem Fall müssten Bodensee und Schweizer Teil zusammen eine Länge von fast 300 Kilometern aufweisen. Doch schon eine Abschätzung mit bloßem Auge im Atlas zeigt, dass dies nicht stimmen kann“, sagte Kremer.

Die Begradigung des Flusses könne die unterschiedlichen Längenangaben nicht erklären. „Die großen Rheinkorrekturen wurden im 19. Jahrhundert vorgenommen und nicht um 1960, als es zu der sprunghaften Längenänderung in der Literatur kam. Außerdem wurde der Fluss damals begradigt und somit verkürzt. Das kann also nicht erklären, warum die moderneren Angaben zur Rheinlänge höher liegen als die älteren.“

Brockhaus will revidieren

Er habe Behörden und Lexikonverlage auf den Fehler aufmerksam gemacht. „Nicht alle reagierten erfreut. Mittlerweile bestätigen jedoch die Bundesanstalt für Gewässerkunde und das Rheinmuseum in Koblenz meine Erkenntnis. Auch der Brockhaus-Verlag will seinen Lexikon-Eintrag revidieren. Ich hoffe, dass die Verfasser anderer Veröffentlichungen nachziehen“, sagte der Biologe.

Die „Süddeutsche Zeitung“ zitierte den Sprecher der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz, Alfred Hommes: „Auch in unseren Veröffentlichungen steht die Zahl 1.320 Kilometer, allerdings setzen wir intern ein dickes Fragezeichen dahinter.“ Man wolle im April bei einer Tagung der internationalen Kommission für die Hydrologie des Rheingebietes „um eine Überprüfung der Rheinlänge und gegebenenfalls um eine offizielle Korrektur bitten“. (apn)