Gelsenkirchen. .

Skrupellose Investoren sind in der Immobilienwirtschaft offenbar auf dem Vormarsch. In einigen Städten stehen ganze Siedlungen unter staatlicher Zwangsverwaltung – die Wohnungsämter kümmern sich darum, Schimmel von den Wänden zu entfernen oder Heizungen zu reparieren.

Harald Förster von der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft in Gelsenkirchen kennt sich mit skrupellosen Wohnungsinvestoren aus: Im Bauausschuss des NRW-Landtags zeigte er ein Foto, auf dem eine Birke zu sehen war, die aus dem Dach eines Wohnhauses ragt. „Ich habe Objekte gesehen, bei denen innerhalb von fünf Jahren Finanzinvestoren fünf verschiedene Businesspläne ausprobiert haben“, erklärt der Wohnungsfachmann: „Die Folge sind ständige Mieterhöhungen, während gleichzeitig nichts mehr in den Erhalt des Wohnraums gesteckt wird.“ Heuschrecken sind in der Immobilienwirtschaft offenbar auf dem Vormarsch – zu Lasten der Mieter. „Sie brauchen in Deutschland einen Führerschein, um Mofa zu fahren, aber keinen Nachweis der Verlässlichkeit, um das Grundrecht auf Wohnen zu garantieren“, meint Förster.

Schimmel an Wänden,
kaputte Heizungen

Oft sind die Häuser in einem miserablen Zustand. Foto: Volker Speckenwirth
Oft sind die Häuser in einem miserablen Zustand. Foto: Volker Speckenwirth

Der Sprecher der Gelsenkirchener Wohnungsgesellschaft steht mit seiner Meinung nicht alleine da. Jochen Ott, Vize-landeschef der SPD, forderte sogar im äußersten Fall die Enteignung skrupelloser Investoren. In einigen Städten stehen ganze Siedlungen unter staatlicher Zwangsverwaltung – die Wohnungsämter kümmern sich darum, Schimmel von den Wänden zu entfernen oder Heizungen zu reparieren. Beim Investor hatte man zuvor oft monatelang niemanden erreicht.

Das Muster ist immer häufiger anzutreffen: Eine Wohnsiedlung wird gekauft, es wohnen überwiegend Empfänger von Sozialleistungen darin. Die Räume verkommen immer mehr, weil nichts investiert wird. Die Käufer wollen eine möglichst hohe Rendite sehen. Oft sitzen sie im Ausland, und kümmern sich überhaupt nicht darum, was ihr Verhalten vor Ort in Deutschland anrichtet: Siedlungen verkommen, und selbst in der Nachbarschaft lassen sich kaum noch Häuser vermieten.

Hartz-IV-Empfänger sind diesen Investoren besonders gern gesehene Mieter. Die monatliche Zahlung für den Wohnraum kommt vom Staat, deshalb hat auch niemand persönlich ein Interesse daran, die Miete zu mindern. Beschwerden werden vom Hausmeister rüde abgeblockt, während in der Konzern-Zentrale selbst für die Mitarbeiter der Behörden niemand ansprechbar ist. In Dortmund und Duisburg beispielsweise sind nach Beobachtungen des Städtetags schon mehr als 10% aller Wohnungen in der Hand von Investoren.

„Als Ansprechpartner für eine städtebauliche Quartiers-Aufwertung stehen solche Firmen nicht zur Verfügung“, beklagt sich Gesine Kort-Weiher vom Städtetag NRW. Das führe zu einer „Abwärtsspirale“ für ganze Wohnviertel. Die gesetzlichen Instrumente seien unzureichend.

Brandschutz
vernachlässigt

Michael Schleicher vom Wohnungsamt der Stadt Köln diskutiert mit seinen Kollegen auf Landesebene bereits seit Monaten dieses Thema. Der Arbeitskreis der Wohnungsamts-Leiter beim Städtetag in NRW muss sich regelmäßig mit Horror-Geschichten aus großen Siedlungen beschäftigen. Selbst der Brandschutz werde in vielen Siedlungen kaum noch beachtet.

Bernhard von Grünberg vom Deutschen Mieterbund NRW in Düsseldorf schätzt, dass es alleine an Rhein und Ruhr um eine halbe Million betroffene Wohnungen geht. Für die Mieter sei es meist nicht möglich, sich gegen Schäden wirklich zu wehren. Viele könnten sich die Mitgliedschaft im unterstützenden Mieterverein nicht leisten und blieben auf dem Prozesskosten-Risiko sitzen.