Nürnberg. .
Für Bewerber ist es deutlich schwerer geworden, einen unbefristeten Job zu finden. Fast die Hälfte der neu abgeschlossenen Arbeitsverträge ist nur noch befristet. Die Firmen sichern sich Flexibilität - auf Kosten der Zukunftsplanung junger Menschen - kritisieren Gewerkschafter.
Bei Neueinstellungen ist in Deutschland inzwischen fast jeder zweite Job nur noch befristet. Demnach stieg der Anteil der befristeten Verträge an den Neueinstellungen seit 2001 von 32 Prozent auf 47 Prozent im ersten Halbjahr 2009, wie die „Süddeutsche Zeitung“ (Mittwochausgabe) unter Berufung auf das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit berichtete. Das Statistische Bundesamt hatte am Dienstag berichtet, dass inzwischen fast jeder zehnte Arbeitnehmer keine Daueranstellung habe.
„Befristete Verträge werden in den Betrieben inzwischen als verlängerte Probezeit genutzt“, sagte Claudia Weinkopf, Arbeitsmarktexpertin des Instituts für Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg-Essen. „Die Unternehmen wollen sich nicht binden und in der Krise möglichst flexibel bleiben.“ Befristet Beschäftigte bekämen die Betriebe schneller wieder los, sagte die Expertin weiter.
DGB fordert gesetzlich vorgeschriebene Begründung
Die DGB-Vizechefin Ingrid Sehrbrock kritisierte, dass besonders junge Menschen dadurch gezwungen seien, „ihre Lebens- und Familienplanung am nächsten verfügbaren Job auszurichten“. Angesichts dessen forderte sie die Bundesregierung auf, die Unternehmen per Gesetz dazu zu zwingen, Befristungen stets zu begründen. „Damit wären Vertretungen oder Abdeckung von Auftragsspitzen erlaubt, Befristungen ins Blaue hinein aber nicht“, sagte sie.
Auch Betriebsseelsorger und Arbeitspsychologen kritisieren die zunehmende Zahl befristeter Arbeitsverträge. Durch die befristeten Jobs werde den Arbeitnehmern „jegliche Lebensplanung unmöglich gemacht“, sagte der Bundessprecher der katholischen Betriebsseelsorger, Peter Hartlaub, der „Frankfurter Rundschau“. Vor allem junge Menschen litten darunter. Sie seien oft auch mit ganz praktischen Problemen konfrontiert: „Wenn man einen Kredit für ein Auto braucht, hat man mit einem befristeten Vertrag schlechte Karten.“
Arbeitspsychologen: Absolut kontraproduktiv
Die Wirkung der befristeten Anstellungen könne auch für die Unternehmen „absolut kontraproduktiv“ sein, sagte der Frankfurter Arbeitspsychologe Dieter Zapf der Zeitung. Er habe den Eindruck, „als würden die Unternehmen alles tun, um die Mitarbeiter zu demotivieren. Dabei müssten sie an motivierten Mitarbeitern interessiert sein.“
Der Chef des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Joachim Möller, verteidigte dagegen die gestiegene Zahl von befristeten Arbeitsverträgen. Zwar sei die Verbreitung befristeter Jobs für Beschäftigte erst einmal nicht erfreulich, sagte er. „Aber man muss sich fragen, wie die Alternativen aussehen.“ Arbeitgeber benötigten eine gewisse Flexibilität beim Arbeitskräftebedarf. Ein Instrument sei die Befristung, auf die man nicht einfach verzichten könne. „Den Kündigungsschutz zu reduzieren oder die Leiharbeit zu forcieren, wären meiner Meinung nach schlechtere Alternativen.“ (ddp/afp)