Frankfurt/Main. .
Pädophilie-Tests bei Lehrern können den Missbrauch von Schülern nicht verhindern. Laut Expertenmeinung gebe es keine Methoden, um bei einem Gespräch sexuelle Neigungen zu erkennen. Stattdessen sollten schon kleinste Hinweise ernst genommen werden.
Pädophilie-Tests für Lehrer wären nach Expertenmeinung weitgehend sinnlos und könnten sexuellen Missbrauch nicht verhindern. „Versierte Täter könnten Prüfungen ganz geschickt durchlaufen. Sie herauszufiltern ist nicht machbar“, sagte Frank Schneider, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), am Dienstag im DAPD-Interview.
Nach seiner Erfahrung würde kaum ein Täter seine Vorgeschichte enthüllen. Fragen nach der sexuellen Orientierung seien in Bewerbungsgesprächen überdies unzulässig. „Und ein Verfahren, mit dem man Pädophilie objektiv messen könnte, gibt es nicht“, betonte Schneider. Er wisse keine Methode, mit der man in einem Bewerbungsverfahren pädophile Neigungen ermitteln könne. Trotzdem sollten Personalchefs bei Einstellungen „immer im Hinterkopf haben, dass Missbrauch vorkommt und Bewerber auch dahingehend einschätzen“.
Kleinste Hinweise ernst nehmen
Im Zuge des Missbrauchsskandals an der Odenwaldschule in Südhessen wird derzeit über strengere Auswahlverfahren für Lehrer diskutiert, mit deren Hilfe sexuellem Missbrauch vorgebeugt werden soll. An der Schule haben sich bislang 24 ehemalige Schüler als Missbrauchsopfer gemeldet, laut der Schulleiterin sollen drei ehemalige Lehrer in die Fälle verwickelt sein.
Das Wichtigste bei der Vorbeugung von Missbrauchsfällen seien Wachsamkeit und das Ernstnehmen kleinster Hinweise, betonte Schneider, der Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Aachen und auch als Gutachter tätig ist. „Dass Opfer sich nicht outen, kann ich in der Regel gut nachvollziehen. Viele leiden unter post-traumatischen Stressstörungen, die meisten sind nach einem Missbrauch ziemlich gestört“, berichtete er.
Zivilcourage stärken
Sexuellen Missbrauch müsse also das Umfeld der Täter aufdecken: „Ich halte es für ziemlich unwahrscheinlich, dass etwa in einem Internat keiner etwas mitkriegt und keiner etwas ahnt,“ sagte Schneider. Auch in Strafverfahren stelle sich oft heraus, dass ein Missbrauchsverdacht schon früh in der Luft gelegen habe, aber nicht ausgesprochen worden sei. „Das Hauptproblem ist oft der Gruppendruck, der verhindert hat, dass einem Verdacht tatsächlich nachgegangen wurde. Hier muss bei der Prävention angesetzt werden, man muss die Zivilcourage stärken“, forderte der Experte. (apn)