Ettal. .

Brutale Schläge, Missbrauch und nun auch noch Kinderpornos: Im Skandal um das bayerische Kloster Ettal werden immer neue Vorwürfe und größere Opferzahlen bekannt. Ein Opfer ist offenbar nach eigenen Angaben mit einem Bambusstock geschlagen worden, bis dieser abbrach.

Pater Johannes Bauer.
Pater Johannes Bauer. © APN

Im Skandal um das bayerische Kloster Ettal gibt es neue Vorwürfe und größere Opferzahlen. Dem externen Ermittler Thomas Pfister liegen inzwischen Hinweise auf rund 100 Betroffene vor, wie er am Freitag mitteilte. Zudem berichtete er von einem aktuellen Fall, in dem ein Klostermitglied gestand, Kinderpornos aus dem Internet heruntergeladen und früher Fotos halbnackter Schüler ins Internet gestellt zu haben. Dies sei der Hintergrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Kloster Mitte der Woche gewesen.

Der Großteil der Vorwürfe beziehe sich auf Schläge und andere Bestrafungen im Klosterinternat, sagte Pfister. Es habe früher deutlich mehr als zehn Patres gegeben, die systematisch geprügelt hätten. Die Mehrzahl habe zwar nicht selbst zugeschlagen, durch ihr systematisches Schweigen hätten sie den anderen aber erst einen rechtsfreien Raum für ihre Vergehen geschaffen, kritisierte Pfister.

Der Ermittler zitierte Opfer, die von schweren, „voll durchgezogenen“ Schlägen, Massenbestrafungen für Nichtigkeiten und anderen massiven Vergehen berichteten. Ein Opfer sei nach eigenen Angaben mit einem Bambusstock geschlagen worden, bis dieser abbrach. Der Junge habe danach auf die Krankenstation gemusst. Ein anderer Ehemaliger sagte, er habe manche Patres als Sadisten oder krankhaft impulsive Schläger in Erinnerung.

Den Berichten zufolge befand sich auch ein ehemaliger amerikanischer Soldat unter den Patres. Dieser sei als Marine im Koreakrieg gewesen und dort traumatisiert worden. Ein Schüler bezeichnete ihn als „den Schlimmsten von allen“. Zur Frage der Glaubwürdigkeit der Vorwürfe sagte Pfister, er werde Tag und Nacht von Nachrichten überhäuft. Bisher sei noch keine Einzige dabei gewesen, bei der er hätte sagen müssen, dies sei offensichtlicher Unsinn.

Geständnis auf der Pressekonferenz

Der Cellerar des Klosters - eine Art Verwaltungsleiter - Pater Johannes Bauer, räumte auf der Pressekonferenz ein, selbst in den 1980er Jahren Kinder „brutal körperlich misshandelt“ zu haben. Er habe Kinder mit der Hand, aber auch mit einem Bügel verprügelt. Bauer bat um Vergebung, einen Rücktritt lehnte er aber ab. Seine Aufgaben hätten seit langem nichts mehr mit Kindern zu tun.

Rechtsanwalt Thomas Pfister.
Rechtsanwalt Thomas Pfister. © APN

Möglicherweise wurden im Kloster Ettal nicht nur Schüler zu Opfern. Pfister sagte, er sei seit kurzem mit einem ehemaligen Klostermitglied in Verbindung, der den Vorwurf erhebe, als Mönch in Ettal von Mitbrüdern missbraucht worden zu sein.

Da die allermeisten Fälle lange zurückliegen - Pfister sprach von einer Zäsur im Jahr 1990 - ist vieles verjährt. Derzeit ermittle die Staatsanwaltschaft in drei Fällen, sagte er. Dabei gehe es um einen Fall aus dem Jahr 2005, bei dem aber noch unklar sei, ob sich der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs erhärte. Daneben nannte Pfister die Kinderpornografie, und einen Fall von Körperverletzung aus dem Jahr 2009. Dabei soll ein früher für Prügel bekannter Lehrer zwei jungen Schülern Kopfnüsse gegeben haben und einem von ihnen auf den Zeh getreten sein.

Eklat auf der Pressekonferenz

Im Zusammenhang mit diesem Fall kam es in der Pressekonferenz zum Eklat: Der kommissarische Schulleiter meldete sich zu Wort und sagte, die Kopfnüsse seien nur leicht und mehr zum Spaß gewesen. Pfister widersprach ihm entschieden und warf ihm Vertuschung vor. Der Sonderermittler betonte, er habe selbst mit den Kindern gesprochen, und diese hätten ihm gesagt, dass die Schläge sehr wehgetan hätten.

Insgesamt betonte Pfister allerdings, dass alle Vorwürfe aufgeklärt und nichts vertuscht werde. Die Auseinandersetzung mit dem Schulleiter sei nur „ein Ausrutscher“ gewesen. (ap)