Düsseldorf. .

Aufarbeitung der Loveparade-Tragödie: Die Stadt Duisburg beschuldigt Veranstalter und Polizei, die Polizei dagegen Veranstalter und Stadt. Die Sitzung des Landtagausschusses endet mit gegenseitigen Vorwürfen.

Im Streit um die Verantwortung für die Massenpanik auf der Duisburger Loveparade mit 21 Toten nimmt der Druck auf den Veranstalter weiter zu. Die Stadt Duisburg wies am Mittwoch in einer ausführlichen Stellungnahme durch eine Anwaltskanzlei jede Verantwortung von sich. In einer Sondersitzung beschäftigte sich auch der Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags mit dem Unglück. Innenminister Ralf Jäger (SPD) nahm dort erneut die Polizei in Schutz: „Ich werde nicht zulassen, dass die Polizei als Sündenbock für die Fehler und Versäumnisse anderer herhalten muss“, sagte er.

In der 32 Seiten umfassenden anwaltlichen Stellungnahme der Stadt, die in der Ausschusssitzung vorgestellt wurde, heißt es, es lägen nach Durchsicht von 35 Aktenordnern „keine Erkenntnisse dafür vor, das Mitarbeiter der Stadt Duisburg ihre gesetzlichen Pflichten verletzt hätten und auf diese Weise zum Unglück beigetragen oder es gar verursacht hätten“. Vielmehr zeichne sich ab, dass „Dritte gegen Vorgaben und Auflagen der Genehmigung der Stadt verstoßen“ hätten.

Bei der Vorbereitung der Loveparade seien mehrere Szenarien zum Verlauf der Veranstaltung durchgespielt, darunter auch eine drohende Überfüllung, so die Stadt. In diesem Fall sei der Veranstalter als Verantwortlicher „gekennzeichnet“ worden. Polizei und Feuerwehr sollten „gegebenenfalls“ unterstützend eingreifen. Die Stellungnahme geht davon aus, dass die Zahl der Besucher nicht die für das Gelände zugelassenen maximal 250 000 Gäste überschritt.

Polizei sieht Fehler ebenfalls beim Veranstalter

Jäger kritisierte dagegen erneut die Stadt und den Veranstalter: „Die Vorgänge legen den Verdacht nahe, dass die Stadt die Einhaltung der Auflagen nicht kontrolliert hat. Nach allem, was wir wissen, hat der Veranstalter sein eigenes Sicherheitskonzept von Anfang an nicht eingehalten.“ Stadt und Veranstalter würden versuchen, Verantwortung von sich zu schieben. Für die Sicherheit auf dem Veranstaltungsgelände sei die Polizei nicht zuständig gewesen. Vor diesem Hintergrund sei es „schäbig, erst die Polizei um Hilfe zu rufen, weil die Veranstaltung aus dem Ruder läuft und ihr dann auch noch den Schwarzen Peter zuzuschieben. Das geht nicht.“

Auch der Generalsinspekteur der NRW-Polizei, Dieter Wehe, kritisierte im Ausschuss erneut die Organisation des Veranstalters. Schon zum Beginn sei der Fehler gemacht worden, die Eingangsschleusen zwei Stunden später als möglich zu öffnen, weshalb es zu einem Massenandrang gekommen sei. Der Rückstau auf der Zugangsrampe sei dann entgegen der Zusage nicht aufgelöst worden: „Die vom Veranstalter zugesagten Ordner haben ihre Aufgabe nicht erfüllt.“ Nachdem um Unterstützung der Polizei an der Zugangsrampe gebeten worden sei, habe es der Veranstalter zudem versäumt, den in seiner Zuständigkeit liegenden Zugangstunnel zu sperren, so dass weitere Besuchermengen nachgeströmt seien.

Duisburg belastet auch die Polizei

In der Stellungnahme der Stadt wird unterdessen auch die Polizei kritisiert. So hätten auf der Zugangsrampe zur Loveparade mehrere Polizeifahrzeuge geparkt, obwohl die Rampe als Fluchtweg hätte freigehalten werden müssen. Diese Fahrzeuge seien zudem durch einen Zaun gesichert worden, der an dieser Stelle nicht Teil der Baugenehmigung gewesen sei. Dadurch sei die Breite der Rampe „deutlich reduziert“ worden.

Dazu sagte Wehe, die Fahrzeuge seien auf der Rampe für einen schnellen Ortswechsel der Einsatzkräfte geparkt worden. Die Abzäunung sei nicht durch die Polizei erfolgt und zudem größer ausgefallen als der Platzbedarf der Fahrzeuge. Er fügte hinzu: „Warum die Stadt Duisburg die Einhaltung der Vorgaben der eigenen Baugenehmigung nicht beanstandet hat, kann von hier nicht beantwortet werden.“

Als Konsequenz aus der Massenpanik forderte Jäger bundesweit verbindliche Sicherheitsstandards für Großveranstaltungen. Damit müssten insbesondere die Qualitätsstandards und die Zertifizierung von Sicherheitsfirmen verbessert werden. Auch sollten mit den kommunalen Spitzenverbänden Richtlinien für die Städte und Gemeinden für die Sicherheitsplanung von Großveranstaltungen auf den Weg gebracht werden. (ddp)