Herzberg/Osterode. .

Tausende Falschparker hat ein bundesweit als „Knöllchen-Horst“ bekanntgewordener Frührentner angezeigt, nun ist er selbst zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Frührentner war zu schnell gefahren.

Einen solchen Medienandrang wie am Dienstag hat es im Amtsgericht Herzberg noch nicht gegeben. Minutenlang klicken Dutzende Kameras, als der sonnengebräunte und leger gekleidete Angeklagte den Gerichtsaal betritt. Durch Tausende Strafanzeigen wegen Falschparkens hat „Knöllchen-Horst“ (56) viele seiner Auto fahrenden Mitbürger zu Zornausbrüchen getrieben, nun muss sich der Frührentner aus Osterode selbst wegen eines Verkehrsdeliktes verantworten. Zehn Euro Bußgeld wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung lautet das Urteil, das Richter Carsten Schindler am Ende eines turbulenten Verhandlungstages verkündet.

Am 10. März war der selbst ernannte Verkehrssünder-Jäger auf einer Kreisstraße im Südharz mit 63 Stundenkilometern in eine Radarkontrolle gefahren - zulässig sind auf der Strecke aber nur 50 Stundenkilometern. Auf die Verwarnung des Landkreises reagierte er nicht. Gegen den folgenden Bußgeldbescheid legte er kommentarlos Widerspruch ein. Stattdessen zeigte er die Kreisverwaltung an: Das von der Blitz-Apparatur gemachte Foto verletze sein Recht am eigenen Bild.

Auf dieses Argument baut „Knöllchen-Horst“ im Prozess auch seine Verteidigung auf. Die Bilder von ihm dürften in dem Verfahren gar nicht verwendet werden, das Bundesverfassungsgericht habe vor kurzem verdachtsunabhängige Film- und Fotoaufnahmen als Beweismittel für unzulässig erklärt. Der Geschwindigkeitsmesser sei aber dauerhaft und damit verdachtsunabhängig im Einsatz gewesen.

Etwa 15.000 Anzeigen

Die als Zeugin vernommene Mitarbeiterin des Landkreises Osterode hat die Kamera am fraglichen Tag nach eigener Aussage jedoch stets erst nach einem Verdacht auf zu hohes Tempo ein- und danach immer wieder ausgeschaltet. Das sei doch nicht glaubwürdig, hält der 56-Jährige dagegen. Vergeblich verlangt er, dass die Zeugin vereidigt wird. Auch sämtliche Beweisanträge von Rechtsanwalt Hermann Wichmann lehnt das Gericht ab. Ein folgender Befangenheitsantrag gegen Schindler wird von einer anderen Richterin zurückgewiesen.

Rund 15 000 Anzeigen hat „Knöllchen-Horst“ in den vergangenen Jahren gegen Falschparker und Am-Steuer-Telefonierer gefertigt. Meistens sogar zu Recht, wie die Behörden einräumen. Im August 2008 zeigte er die Besatzung eines Rettungshubschraubers wegen „behindernden Parkens“ auf dem Bürgersteig an. Die Sanitäter hatten einen Einsatz, ein Mann musste nach einer Herzattacke in die Göttinger Uni-Klinik geflogen werden. Viele Osteröder, die den Mann bis dahin als „Spinner“ bezeichnet und ignoriert haben, reagierten nun empört. Ein Nachbar zeigt ihm den nackten Hintern, andere beschimpfen ihn auf offener Straße. Der 56-Jährige erhält auch Drohbriefe.

Gegenüber den Medien gibt der Frührentner lange Zeit den jovialen Gesprächspartner. Er wolle doch nur, dass Recht und Gesetz überall durchgesetzt würden. Er selbst halte sich doch schließlich auch daran. Doch nach dem Ende des Prozesses am späten Dienstagnachmittag ist es mit den Freundlichkeiten vorbei. „Ihnen sage ich überhaupt nichts mehr“, blafft er die Journalisten an. Ob er Rechtsmittel gegen das Urteil einlegt, bleibt deshalb unklar. (ddp)