Berlin. .

Auch der Politiker ist nur ein Mensch. Vor allem im Urlaub. Früher hat er das gerne auch zur Schau getragen. Doch seit Scharpings Turtel-Desaster sind die deutschen Spitzenpolitiker mit ihren Urlaubsfotos vorsichtig geworden.

Am geliebten Wolfgangsee präsentierte sich der Altkanzler Helmut Kohl ungeniert in Badehose, auch Ex-Außenminister Klaus Kinkel schwoll einst stolz die behaarte nackte Brust am Urlaubsort.

Diese Zeiten sind vorbei. Seit den Turtel-Desaster von Rudolf Scharping nebst Gattin im Mallorca-Pool sind die deutschen Spitzenpolitiker mit öffentlich gestellten Urlaubsfotos vorsichtig geworden. Auch exotische Fernreisen scheinen verpönt. Viele Politiker schnuppern daher in diesen Tagen recht unspektakulär Höhenluft in den Bergen, andere laden an den deutschen Küsten die Akkus wieder auf.

Merkel entspannt in Südtirol

Bundeskanzlerin Angela Merkel freut sich auf ihren Urlaub (ddp)
Bundeskanzlerin Angela Merkel freut sich auf ihren Urlaub (ddp) © ddp/Michael Gottschalk

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besucht wieder einmal die Wagner-Festspiele in Bayreuth. Anschließend erholt sich die Regierungschefin in Südtirol. Nach dem Steuerkrach, der Bundespräsidentenwahl und wüsten innerkoalitionären Wildsau-Beschimpfungen will die Kanzlerin wandern und einfach mal ausschlafen. Die letzten Tage verbringt Merkel dann in der Uckermark.

Mit den Alpen liegt Merkel immerhin urlaubstechnisch mit vielen Kabinettskollegen auf einer Wellenlänge. Verbraucherministerin Ilse Aigner will zehn Tage in den Tiroler und bayerischen Bergen abschalten und sich beim Bergsteigen „mal wieder richtig auspowern“. Womöglich begegnet sie beim Kraxeln Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die mit ihren sieben Kindern auf einer österreichischen Almhütte Ruhe sucht. Auf 1800 Metern will von der Leyen wandern, lesen und „schlafen, schlafen, schlafen“. Auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zieht es in die Bergwelt Österreichs.

Gleitschirmkurs für Niebel

Familienministerin Kristina Schröder (CDU) erholt sich Anfang August zwei Wochen in Südtirol - und begegnet dort womöglich Frank-Walter Steinmeier. Der SPD-Fraktionschef will mit seiner Familie oberhalb von Bozen wandern. In luftigen Höhen ist auch Dirk Niebel (FDP) unterwegs. Der Entwicklungsminister, der sich vor vier Jahren bei einem Fallschirmsprung einen Lendenwirbel brach, will trotz maladem Rücken mit einem seiner Söhne einen Gleitschirmkurs machen. An den Bodensee wiederum zieht es Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP).

Zur deutschen Küstenfraktion gehört neben Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der sich gern an der Nordsee ausruht, auch SPD-Chef Sigmar Gabriel. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin will er Anfang August zwei Wochen an die Ostsee, im Strandkorb liegen, Rad fahren, ausspannen. „Nach einer Woche gehen wir mit Freunden auf ein Segelboot“, sagte Gabriel in einem Interview. Zuvor verweilt der Chef der Sozialdemokraten für einige Tage in Ostpreußen. Dort will er sich auf die Spuren seiner Vorfahren begeben.

Gute Musik und Zeit für Bücher

Linken-Chefin Gesine Lötzsch wird sich zwei Wochen lang an der Ostsee entspannen, während der Co-Vorsitzende Klaus Ernst 14 Tage in der Bretagne in Frankreich die Seele baumeln lässt.

Grünen-Chefin Claudia Roth packt die Schmöker „2666“ von Roberto Balanos sowie Wassili Grossmans „Leben und Schicksal“ ein und düst an die türkische Mittelmeerküste. Das Roth’sche Entspannungskonzept lautet: Gute Musik, Zeit für Bücher und Ausprobieren neuer Kochrezepte. Co-Chef Cem Özdemir plant Kurzurlaube zwischen dem Schwabenland und der türkischen Schwarzmeerküste.

Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) macht knapp zwei Wochen Urlaub bei der Familie in Hannover und versucht, bei Ausflügen in die Umgebung zu entspannen. Womöglich beweist Rösler mit Urlaub auf Balkonien Weitsicht. Denn immer können unerwartete Ereignisse dafür sorgen, dass Politiker ihren Urlaub schneller beenden müssen als gedacht. Sollte es also neuen Zoff in der Gesundheitspolitik geben, wäre Rösler schnell in Berlin.