Berlin. .

Sie werden in aller Heimlichkeit nach Deutschland kommen. Die Einreise der beiden Guantanomo-Häftlinge steht unmittelbar bevor. Die Deutsche Polizeigewerkschaft ist besorgt. Ihre Betreuung wird als „ziemlich aufwendig“ eingeschätzt.

Die Vorbereitungen für die Aufnahme von zwei Häftlingen aus dem US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba in Deutschland laufen auf Hochtouren. Die Überstellung durch die Amerikaner könne „jetzt ziemlich schnell gehen“, erfuhr die Nachrichtenagentur ddp am Freitag aus Sicherheitskreisen in Berlin.

„Die beiden Männer werden in aller Heimlichkeit und abgeschirmt vor der Öffentlichkeit in ihre Aufenthaltsorte nach Hamburg und nach Rheinland-Pfalz gebracht“, sagte ein Sicherheitsbeamter. Es solle „vermieden werden, dass sich die Presse auf die Neuankömmlinge stürzt“. Nach den ddp-Informationen werden die ehemaligen Häftlinge von der US-Luftwaffe auf den amerikanischen Luftstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein eingeflogen.

Syrer will in Deutschland zweite Frau heiraten und Geschäft eröffnen

Die Männer, der 36-jährige Syrer Mahmud Salim al-Ali und der 34 Jahre alte Palästinenser Ahmed Mohammed al-Shurfa, sollen nach Aussage der deutschen Sicherheitsleute nicht wie vor vier Jahren der aus Bremen stammende deutsch-türkische Guantanamo-Heimkehrer Murat Kurnaz gefesselt in die Freiheit nach Deutschland gebracht werden.

Amerikanische Ermittler gaben an, dass al-Ali von der Rolle des Terroranführers Osama Bin Laden bei den Anschlägen am 11. September 2001 auf die zwei Türme des World Trade Centers in New York und auf das Pentagon in Washington gewusst hatte. Auf die Frage, ob er seinerzeit den Wunsch hatte, gegen die US-Truppen in Afghanistan zu kämpfen, habe al-Ali geantwortet: „Ich kämpfe grundsätzlich gegen alle, die Nicht-Muslime sind“. Der Syrer ließ wissen, er wolle in Deutschland eine zweite Frau heiraten und ein Geschäft eröffnen.

Al-Shurfa soll in Guantanamo deutliche Zeichen von Depressionen gezeigt haben. Bei einer Vernehmung habe er zugegeben, dass er im Al-Kaida-Lager „Farouq“ an der Kalaschnikow ausgebildet worden sei. Er habe an den „Heiligen Krieg“ geglaubt. Im November 2001 wurde al-Shufra von amerikanischen Truppen an der pakistanischen Grenze gefangengenommen. Zum Hauptproblem von al-Shurfa soll gehören, ob seine Frau und sein Kind aus Saudi-Arabien zu ihm nach Deutschland ziehen dürfen.

Bedenken der Polizeigewerkschaft

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) schließt eine Gefahr durch die beiden Männer für die Sicherheit in Deutschland „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ aus. Die Deutsche Polizeigewerkschaft hielt aber mit ihren Bedenken nicht zurück. Ihr Chef Rainer Wendt meinte: „Beide Häftlinge haben bei ihrer Terrorausbildung in Afghanistan nicht Töpfern, sondern Töten gelernt“. Nur Hellseher könnten vorhersagen, ob von dem Syrer und Palästinenser keine Gefahr ausgehe.

Geheimdienstkreise räumten ein, dass nach den gründlichen Untersuchungen der deutschen Behörden die Einschätzung von de Maiziere „durchaus zutreffend sein kann, dass keine Gefahr von den Beiden ausgeht“. Die Geheimdienstler wiesen aber darauf hin, dass es in der Bundesrepublik eine große Zahl „islamistischer Schläfer“ gibt. Diese könnten nach einer Aufforderung durch die Al-Kaida mit den Neuankömmlingen Kontakt aufnehmen und gerade nach deren Ratschlägen Anschläge auf deutschem Boden in Angriff nehmen.

Betreuung wird „ziemlich aufwendig“

Noch war nicht zu erfahren, wer von den beiden Männern wohin in Deutschland kommt. Hamburg und Rheinland-Pfalz haben sich aber schon eingehend auf die psychologische, medizinische und soziale Betreuung vorbereitet. Diese werde „ziemlich aufwendig werden“, hieß es den zuständigen Behörden. Das Sprachenproblem werde „sehr groß sein“. Die Männer könnten nicht einfach losgehen und einkaufen, um sich zu versorgen. Es sei ein „Aufenthaltsstatus mit einer räumlichen Begrenzung“ vorgesehen.

In dem Gefangenenlager Guantanamo wurden Männer ohne jegliche Rechtsgrundlage interniert, die vom US-Präsidenten George W. Bush nach den Terrorangriffen von 9/11 in Amerika als „feindliche Kämpfer“ eingestuft worden waren. Die ersten Gefangenen kamen 2002, die letzten 14 wurden 2006 inhaftiert.

Von den ursprünglich 779 Häftlingen sind inzwischen die meisten weltweit in die verschiedensten Länder entlassen worden. Eine nicht geringe Zahl wurde „rückfällig“ und schloss sich wieder dem „Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen“ an. Wenn der Syrer und der Palästinenser in Deutschland sind, werden sich noch 178 Insassen in dem in aller Welt höchst umstrittenen US-Lager befinden. (ddp)