Berlin. .

Das vergangene Jahrzehnt war in Deutschland das wärmste seit 1881. Der Klimawandel wirkt sich vor allem auf die Landwirtschaft aus: Die Bauern müssen nach Ansicht der Wetterforscher künftig andere Getreidesorten anbauen. Der Vulkanausbruch in Island hat wohl keinen Einfluss auf das Klima.

Die Sommer werden trockener, die Winter immer milder und regenreicher: Der Klimawandel schreitet voran. Auch ein Jahr ohne Wärmerekorde oder ein strenger Winter ändere nichts daran, dass die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland seit 1881 um 1,1 Grad gestiegen sei, erklärte der Deutsche Wetterdienst am Dienstag in Berlin. Insgesamt sei das vergangene Jahrzehnt auch weltweit das wärmste seit Beginn der Messungen vor 130 Jahren gewesen.

In Deutschland war seit dem Rekordhitzejahr 2000 jedes Jahr wärmer als das langjährige Mittel. Gleichzeitig stiegen die Kohlendioxid-Konzentrationen in der Atmosphäre kontinuierlich an. „Das zeigt: Von einer Trendumkehr kann nicht die Rede sein“, betonte DWD-Präsident Wolfgang Kusch. „Wir müssen deshalb nach wie vor alle Kraft in die Verringerung der Treibhausgas-Emissionen stecken und uns schon heute auf die Folgen des Klimawandels einstellen.“

Mehr Niederschläge im Westen - weniger Regen in Sachsen

Innerhalb Deutschlands wirkt sich die globale Erwärmung laut DWD allerdings sehr unterschiedlich aus. Im Westen sei es deutlich wärmer geworden als im Nordosten, erläuterte Gerhard Müller-Westermeier vom Bereich Klimaanalyse. So stiegen die Temperaturen etwa im Saarland seit 1881 um knapp 1,4 Grad, in Mecklenburg-Vorpommern aber nur um 0,6 Grad.

Starke regionale Unterschiede gab es auch bei den Niederschlägen, die im Jahresdurchschnitt insgesamt um elf Prozent zunahmen, aber höchst ungleich verteilt waren. So fiel in westlichen Ländern wie Bremen bis zu 17 Prozent mehr Regen, in den ostdeutschen Ländern gab es hingegen nur einstellige Zuwächse, in Sachsen sogar einen Rückgang von vier Prozent. Im Sommer gingen die Niederschläge dort im Mittel sogar um 14 Prozent zurück.

Der Deutsche Wetterdienst geht davon aus, dass sich diese Trends noch verstärken werden. „Die Szenarien der Klimaforscher sind sich in einem einig: Wir werden künftig in Deutschland mit immer trockeneren Sommern und noch deutlich mehr Regen im Winter leben müssen“, sagte Müller-Westermeier.

Landwirtschaft muss sich umstellen

Für die Landwirtschaft wird dies nach Ansicht der Experten weitreichende Folgen haben. Vor allem in den ostdeutschen Bundesländern müsse in der Wachstumsphase vieler Pflanzen mit Wasserknappheit gerechnet werden, sagte Paul Becker vom Bereich Klima und Umwelt des DWD.

Außerdem könnten mildere Winter dazu führen, dass der Bodenfrost nicht mehr so tief in die Böden eindringe, so dass die auflockernde Wirkung des Frostes verloren gehe. Das senke die Erträge. Außerdem erhöhten mildere Winter die Gefahr von Schädlingsbefall. Dies habe bereits der Winter 2006/2007 gezeigt, der als wärmster Winter seit 130 Jahren in die Geschichte einging und eine schwere Blattlausplage zur Folge hatte.

Mildere Winter und wärmere Sommer könnten den Anbau neuer Getreidesorten wie Hirse begünstigen, sagte DWD-Umweltexperte Paul Becker. Er rechnet damit, dass Bauern künftig verstärkt zweimal pro Jahr ernten werden. Vor allem im Osten könnten geringe Niederschlagsmengen aber die Erträge mindern. Hier zeige sich die Ambivalenz des Klimawandels, sagte Becker. Nach Einschätzung der Wetterforscher werden die deutschen Landwirte im Verlauf dieses Jahrhunderts zunehmend Wärme liebende Pflanzen einsetzen und solche, die im Winter nicht so stark auf den Kältereiz angewiesen sind. Der DWD nannte weiterhin Hirse oder Sudan-Gras als mögliche Sorten, die verstärkt angebaut werden.

Gleichwohl erhöht sich die Gefahr durch Schädlinge auf Äckern und in Wäldern. Viele Waldbesitzer werden nach Ansicht Beckers empfindliche Fichten durch robustere Douglasien und Roteichen ersetzen. Die Bedrohung durch Schädlinge wie Borkenkäfer oder Pilze könne auch durch widerstandsfähigeren Mischwald verringert werden.

Aschewolke ohne Folgen für Weltklima

Bis zum Ende des Jahrhunderts rechnen die Klimaforscher mit einem weltweiten Temperaturanstieg um zwei bis vier Grad. Die Aschewolke nach dem Vulkanausbruch in Island wird nach Überzeugung des Deutschen Wetterdienstes aber keine Auswirkungen auf das Weltklima haben.

Der Ausbruch habe sich unterhalb der Stratosphäre abgespielt, die Aschewolke sei durch den Regen zu Boden gedrückt und ausgewaschen worden, sagte Kusch. Am Nachmittag wollte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer mit Experten über die Konsequenzen für den Luftverkehr aus der Vulkanausbruch beraten. Zu der Spitzenrunde wurden auch die Experten des DWD erwartet. (apn/ddp/afp)