Brüssel. .
Die EU-Kommission gibt einheitliche Regeln für gentechnisch veränderte Pflanzen auf: Jeder EU-Staat soll selbstständig über umstrittenes Gemüse urteilen. Noch wird alles geduldet.
Kehrtwende im Umgang mit gentechnisch veränderten Pflanzen: Die EU-Kommission gibt den Versuch auf, einheitliche europäische Regeln für den Anbau des umstrittenen Gemüses zu machen. Zwar soll es auch in Zukunft die EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde sein, die darüber urteilt, ob Gen-Kartoffeln oder Gen-Mais wirklich gesundheitlich unbedenklich ist. Dieses Zulassungsverfahren könnte sich sogar beschleunigen.
Aber – anders als jetzt – soll kein EU-Land künftig noch verpflichtet sein, den Anbau europaweit zugelassener Knollen oder Kolben bei sich zu dulden. Die EU-Kommission will es nämlich jedem Land selbst überlassen, ob es den Anbau gentechnisch veränderter Organismen erlaubt, einschränkt oder gar verbietet.
Die EU-Behörde ist noch nicht einmal besonders streng, was die Begründung angeht. Vorbehalte aus „wirtschaftlichen“ oder „ethisch-moralischen“ Gründen reichten völlig aus, erklärt EU-Kommissar John Dalli. Der Malteser stellt damit EU-Ländern, die dem Anbau von Gen-Pflanzen kritisch gegenüberstehen, wie Österreich und Deutschland, quasi einen Freibrief aus. Gleichzeitig kommen Regierungen der Länder, in denen bisher viele Gen-Erzeugnisse reifen wie etwa Spanien, unter Rechtfertigungsdruck. Denn sie konnten gegenüber den Gen-Gegnern im eigenen Land bisher die Verantwortung auf Brüssel schieben. Künftig geht das nicht mehr. Die Anbieter von Saatgut gentechnisch veränderter Pflanzen wie BASF oder Monsanto fürchten deshalb, dass einige Regierungen vor der öffentlichen Kritik einknicken und den Anbau beschränken werden.
Auch die Gegenseite
ist nicht glücklich
Aber auch die Gegenseite ist nicht glücklich mit dem Rückzug der EU-Kommission. Der Grünen-Abgeordnete Martin Häusling, selbst Landwirt, schimpft über einen „Kuhhandel“. Da es der EU-Kommission in vielen Jahren nicht gelungen sei, eindeutige Mehrheiten für den Gen-Anbau zu finden, wolle sie nun das Zulassungsverfahren beschleunigen – und im Gegenzug die Gegner mit der Chance zum nationalen Verbot beruhigen.
Länder, die ein Verbot aussprechen, liefen aber letztlich Gefahr, von Gentechnik-Konzernen und Handelspartnern verklagt zu werden. Denn anders als die EU-Kommission werden sie gewiss keine „ethisch-moralischen“ Gründe akzeptieren.