Oberhausen. .
100-Prozent-Quote: Krake Paul aus Oberhausen sagte jedes Spiel der Deutschen plus das WM-Endspiel richtig voraus. Die Mathematiker sprechen ihm trotzdem die Fähigkeit zum Wahrsagen ab.
Er ist jetzt wohl nicht nur das bekannteste Tier-Orakel der Welt, sondern eines der bekanntesten Tiere überhaupt - doch nun soll Tintenfisch Paul aus dem Aquarium Sea Life in Oberhausen seine Tippkarriere beenden. Nachdem der Krake den Ausgang von acht Spielen der Fußball-WM korrekt vorausgesagt hatte, soll er sich ausruhen dürfen. „Wir wollen dem Tier nicht mehr so viel zumuten. Er bleibt jetzt bei uns und wird hier seinen Ruhestand erleben“, sagt Bastian Schepers, Operations Manager im Sea Life Oberhausen.
Das Sea Life Oberhausen will trotz der zahlreichen Anfragen aus dem In- und Ausland dem Tier-Orakel keine weiteren Wahrsagedienste zumuten. „Wir hatten die skurrilsten Anfragen“, berichtet Schepers. So gab es unter anderem die Bitte, Paul die Lottozahlen voraussagen zu lassen. „Einer wollte ihn sogar zum neuen Coach von Brasilien machen“, berichtet Schepers.
Bei den WM-Tipps musste sich der Krake jeweils zwischen zwei Plexiglasbehältern mit den Flaggen der jeweiligen Nationalteams entscheiden, die in sein Aquarium gestellt wurden. In den Behältern lag jeweils eine Miesmuschel, die als Delikatesse für Tintenfische gilt. Das Team mit dem Behälter, aus dem das Tier die Muschel fischte, galt als Sieger.
Zur EM wird Paul wohl nicht mehr leben
Da Oktopus Paul bereits zweieinhalb Jahre alt ist, hat er statistisch noch eine Lebenserwartung von etwa sechs bis sieben Monaten. Bis zur EM 2012 oder gar zur WM 2014 dürfte er es also vermutlich nicht mehr schaffen. Der Tintenfisch war 2008 von einer Aufzuchtstation aus Südengland nach Oberhausen gebracht worden. Er ist der einzige Krake in dem Oberhausener Sea Life. „Er hat bei uns ein eigenes Aquarium“, sagt Schepers. Da er in Oberhausen keine Artgenossen gehabt hatte, konnte er keine Nachkommen zeugen.
Von dem großen Interesse an den Tipps des Kraken wurde das Sea Life Oberhausen selbst überrascht. Zwar hatte das Tier schon bei der Fußball-EM vor zwei Jahren treffsichere Prognosen abgeben und bis aufs Endspiel zwischen Deutschland und Spanien alle Spielausgänge richtig ausgesagt - eine Trefferquote von stolzen 80 Prozent. Dass Paul in diesem Jahr jedoch den Ausgang der sieben deutschen WM-Spiele und des Finales richtig voraussehen würde, dürfte so manchen glauben gemacht haben, der Oktopus habe tatsächlich übersinnliche Kräfte.
Doch kaum ist die WM vorbei, melden sich Experten über Paul zu Wort und zweifeln. Pieter Moree vom Max Planck Institut für Mathematik in Bonn glaubt nicht an hellseherische Fähigkeiten des Oktopus. Alles liege immer noch im Bereich des Zufalls, sagt der Mathematiker. „Ein Tintenfisch kann abstrakte Begriffe wie Deutschland und Spanien nicht begreifen, das liegt jenseits seines Horizonts“, sagte Moree.
Beim letzten deutschen Tipp von Paul lag die Wahrscheinlichkeit bei 1:128, fürs WM-Finale betrug sie 1:256. Bei seinem ersten WM-Tipp habe die Wahrscheinlichkeit, richtig zu liegen, bei 50 Prozent gelegen. Bei jeder weiteren Vorhersage müsse die Wahrscheinlichkeit mit dem Faktor 1/2 multipliziert werden. Zumindest ist festzustellen, dass Paul aus Publikumssicht eine gewisse Leidenschaft für den rechten Kasten hatte.
Mathematiker wettet dagegen
Auch der Dortmunder Statistik-Professor Walter Krämer bekräftigt: „Das ist reiner Zufall.“ Früher oder später werde auch Paul einmal daneben liegen, ist sich Krämer sicher - und wagt eine neue Wette: „Ich wette 1000 Euro, dass Paul die nächsten drei Spiele von Bayern München nicht richtig vorhersagen kann.“
Ob diese Steilvorlage Bastian Schepers und seine Kollegen vom Sea Life Oberhausen noch einmal umstimmen kann? In jedem Fall freuen sie sich über das außerordentlich große Medieninteresse. Ob die Aufregung um Paul auch verstärkt Besucher anlocken wird, muss sich erst zeigen. „Bislang haben wir keine Buchungen speziell wegen Paul festgestellt“, betont Schepers.
Allerdings zieht das Phänomen Paul vor allem im Internet große Kreise. Eine Facebook-Seite feiert den Kraken als hellsichtigen Fußballweisen. Und so mancher Internetnutzer will jetzt schon wissen, wer 2014 den WM-Pokal erringt. (ddp/jgr)