Moskau. .
Der russisch-amerikanische Spionageskandal steht vor einem überraschenden Ende. Die zehn mutmaßlichen russischen Agenten, die Ende Juni in den USA verhaftet worden waren, sollen ausgetauscht werden.
Der russisch-amerikanische Spionageskandal steht vor einem überraschenden Ende. Laut informierten Kreisen haben sich beide Seiten geeinigt, die zehn mutmaßlichen russischen Agenten, die Ende Juni in den USA verhaftet worden waren, auszutauschen. Sie kommen gegen zehn Amerikaner frei, die in Russland Haftstrafen wegen Spionage für den Westen absitzen. Offizielle Vertreter beider Länder lehnten dazu gestern jeden Kommentar ab.
Der bekannteste Austauschkandidat in russischer Haft ist der Atomwissenschaftler Igor Sutjagin. Er war 1999 verhaftet worden, weil er angeblich geheime Informationen an eine britische Tarnfirma der CIA verkauft hatte. Ein Gericht in Kaluga verurteilte ihn zu 15 Jahren Haft.
Spione im Gefängnis
Sutjagin, 44, kam schon vergangene Woche aus einem Straflager bei Archangelsk in ein Moskauer Untersuchungsgefängnis, wie die Zeitung Kommersant berichtet. Am Dienstag traf er mit Angehörigen zusammen.
Nach Angaben des russischen Menschenrechtlers Ernst Tschernyj befindet sich auf dieser Liste auch Sergej Skripal, Ex-Offizier des Militärgeheimdienstes GRU, der 2006 wegen Spionage für britische Nachrichtendienste zu 13 Jahren Haft verurteilt worden war. Als weitere Kandidaten werden Alexander Saporoschskij und Alexander Sypatschjow genannt, zwei Ex-Sicherheitsmänner, die wegen Spionage für den Westen im Gefängnis sitzen.
Schuld gestanden
Swetlana Sutjagina, die Mutter des Gefangenen, sagte, ihr Sohn habe am Dienstag auf Drängen des russischen Geheimdienstes ein Schuldeingeständnis unterschrieben. Im Gegenzug wurden ihm Freiheit und die Ausreise ins Ausland zugesichert, bei Beibehaltung der russischen Staatsbürgerschaft. „Ich verstand, dass es keine andere Chance für mich geben wird, freizukommen“, sagte er seiner Mutter. Außerdem wolle er nicht, dass der Austausch an seiner Weigerung scheitere, was auch für die in den USA Angeklagten lange Gefängnisstrafen bedeutet hätte.
Die New York Times berichtete, auch die in den USA aufgeflogenen russischen Spione sollten vor dem Austausch formal ihre Schuld gestehen. Der Atomphysiker Sutjagin hatte immer seine Unschuld beteuert. Nach Ansicht seiner Verteidiger stammten alle Informationen, die er nach England geliefert hatte, aus öffentlich zugänglichen Quellen.
Anna Chapmann wird ausgetauscht
Amnesty International erklärte ihn 2004 zum ersten politischen Häftling in Russland seit dem Ende der Sowjetunion. Menschenrechtler in Moskau begrüßten Sutjagins möglichen Austausch. „Da es bei uns keine faire Rechtsprechung gibt, ist es besser, wenn er so freikommt, als überhaupt nicht“, sagte Sergej Dawidis vom Solidaritätsverband mit politischen Gefangenen unserer Zeitung.
Laut dem Internetportal gaseta.ru wird Sutjagin persönlich gegen die junge Spionin Anna Chapman ausgetauscht, die von der westlichen Boulevardpresse zum russischen „Bond-Girl“ hochgejubelt worden war. Russische Medien vermuten, dass sie schon heute in Moskau eintreffen könnte. Sutjagin befinde sich bereits seit gestern in Wien, so seine Rechtsanwältin. Allerdings ist noch unklar, ob alle Betroffenen zu einem Austausch bereit sind. Der Anwalt der mutmaßlichen Agentin Vicky Pelaez bezweifelte gegenüber der New York Times, dass eine Mandantin nach Russland wolle.