Düsseldorf. .
Kaum liegt der rot-grüne Koalitionsvertrag auf dem Tisch, da hat der neue CDU-Fraktionschef Laumann Kritik parat. „Die neue Regierung arbeitet, wie Sozialisten eben vorgehen“, keilt der Oppositionsführer.
Kaum liegt der rot-grüne Koalitionsvertrag auf dem Tisch, da geht CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann beim ersten öffentlichen Auftritt in neuer Funktion in die Ketten. „Die neue Regierung arbeitet, wie Sozialisten eben vorgehen“, keilt der Oppositionsführer. „Mit neun Milliarden Euro Schulden werden 18 Prozent des Haushalts 2010 über neue Kredite finanziert.“
Laumann äußert sich besorgt, wie leichtfertig SPD und Grüne mit den Staatsfinanzen umgehen. SPD-Landeschefin Hannelore Kraft hat die höchste Neuverschuldung des Landes mit Finanzlücken der Vorgänger bei WestLB und Kitas begründet. Im Finanzausschuss wehrt sich Finanzminister Helmut Linssen (CDU) gegen den Vorwurf, Milliardenrisiken versteckt zu haben. Vielmehr habe er mehr WestLB-Risiken abgesichert als nötig. Und bei den Kitas seien 100 000 Plätze finanziert worden, obwohl nur 90 000 Plätze angemeldet wurden. Im Ausschuss beharrt SPD-Finanzexpertin Gisela Walsken auf der Anklage, Linssen habe die Neuverschuldung vor der Wahl künstlich klein gehalten.
„Wohlfühlprogramm auf Pump“
Im Koalitionsvertrag hat die rot-grüne Minderheitsregierung die anderen Parteien zur Mitarbeit eingeladen. Dafür hat FDP-Landeschef Andreas Pinkwart nur Hohn übrig. „Das ist keine Einladung an die politische Mitte, sondern an die Linksaußen.“ Die liberale Lesart: Rot-Grün biedert sich mit dem „Wohlfühlprogramm auf Pump“ bei der Linken an. FDP-Fraktionschef Gerhard Papke spricht im Zusammenhang mit der „Koalition der Einladung“ von einem „taktischen Vorgehen, um das Angebot an die Linke zu tarnen“.
Die scharfen Reaktionen von CDU und FDP zeigen, dass Rot-Grün die Stimmen für eine Regierungsmehrheit kaum im schwarz-gelben Lager finden wird. Laumann droht sogar offen mit einer Verfassungsklage, falls Rot-Grün die Schulden 2010 im Nachtrag um 2,6 Milliarden Euro auf neun Milliarden erhöht. „Neue Gesetze, neue Institute, ein aufgeblähter Staatsapparat, kein einziger Sparvorschlag – NRW fällt zurück in die Finanzpolitik vor 2005“, klagt der CDU-Fraktionschef.
Ausbau einer Gemeinschaftsschule
Am Abend beschließt der SPD-Landesvorstand den Koalitionsvertrag. FDP-Mann Papke fürchtet um den Industriestandort NRW und den Rückfall in die grüne Höhnsche Blockadepolitik. Für den Weiterbau des umstrittenen Eon-Kohlekraftwerks in Datteln sieht der Vertrag kaum überwindbare Hürden vor: Der Einsatz von Importkohle wird verboten. „Trittin hat sich durchgesetzt“, wirft Papke der SPD vor.
Ganz so schwarz sieht der IG-Metall-Landeschef Oliver Burkhard die Lage nicht. Burkhard bietet Rot-Grün die Zusammenarbeit an und lobt deren Pläne zum Ausbau einer Gemeinschaftsschule. Da sieht CDU-Stratege Laumann rot. „Rot-Grün hat den Schulkonsens aufgekündigt. Mit Gemeinschaftsschulen ist das Gymnasium in der jetzigen Form nicht zu erhalten.“. Pinkwart wird deutlicher: „Rot-Grün will die Einheitsschule etablieren und das Gymnasium als erfolgreichste Schulform abwickeln.“ Auch die Abschaffung der von Pinkwart eingeführten Studiengebühr hält der Noch-Hochschulminister für einen Irrweg. „Bildung wird durch Beitragsfreiheit nicht besser.“
Die Pläne der Koalition:
Die künftige rot-grüne Koalition will die Steuerprüfung in NRW verschärfen. Künftig sollen mehr Betriebsprüfer eingesetzt und vor allem auf größere Betriebe konzentriert werden. Das sieht der knapp 100-seitige Koalitionsvertrag vor.
Weitere Pläne einer rot-grünen Koalition:
- Ziel Verdopplung der Lebensmittelkontrolleure.
- Verpflichtende Einführung eines „Smiley“ in Gaststätten.
- „Kultur-Rucksack“ für jedes Kind bis 16 Jahre mit Bildungs- und Kreativ-Angeboten.
- Einrichtung Amt eines „Patientenbeauftragten“.
- Sonderfonds Krankenhäuser.
- Senkung Altersgrenze bei Landtagswahlen auf 16 Jahre.
- Auch arme Kommunen sollen hauptamtliche Feuerwehrleute befördern dürfen.
- Ausbau Breitbandnetz in ländlichen Regionen.
- Ausbau offener Vollzug in Haftanstalten. Ziel: Jugendhaft durch pädagogische Wohngruppen zu ersetzen.
- Arbeitsfreier Sonntag soll wieder zur Regel werden.
- Einführung „Kieseleuro“ für Kiesabbau.
- Erhalt des Straßennetzes hat Vorrang vor Neubau. Ab 2011 soll umgeschichtet werden.
- CO-Pipeline soll überprüft werden. Ausbau der Produktion von Kohlenmonoxid am Standort Uerdingen wird geprüft. Regierung wird bis Ende 2010 das Rohrleitungssystem testen.
- Über Weiterbau Eon-Kraftwerk Datteln entscheiden Gerichte. Allerdings sollen rechtliche Hürden für den Einsatz von Importkohle aufgebaut werden.
- Wegen Anstieg der Pensionskosten von fünf auf sieben Milliarden Euro 2017 soll in Bürokratie gespart werden.
- Am Flughafen Köln/Bonn Verbot von Passagierflügen von 24 bis fünf Uhr. Andere Flughäfen Kernruhezeit 23 bis 6 Uhr. Verspätete Starts und Landungen kosten Gebühren.
- 2011 rund 200 Millionen Euro zur energetischen Sanierung von Sozialwohnungen.
- Zerschlagung und Verkauf WestLB an eine Privatbank wird abgelehnt. Ziel ist die Fusion der WestLB mit anderen Landesbanken zu einer bundesweiten Landesbank. Die Bank soll die Funktion einer Sparkassenzentralbank wahrnehmen.