Berlin. .
Nach der Schlappe bei Bundespräsidentenwahl hat in der Union die Aufarbeitung begonnen. Kanzlerin Merkel rief die CDU zur Geschlossenheit auf. Eine Debatte um ihre eigene Person wehrt sie ab.
Nach der schwierigen Bundespräsidentenwahl haben führende CDU-Politiker vor einer Führungsdebatte in der Partei gewarnt. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte es am Freitag ausdrücklich ab, den Parteivorsitz abzugeben. „Es kommt gerade angesichts der großen Aufgaben darauf an, dass alles aus einem Guss ist“, sagte Merkel in einem RTL-Interview auf die Frage, ob die Vielzahl der Aufgaben keine Überforderung für sie bedeute.
Die hohe Zahl schwarz-gelben Abweichler bei der Wahl sei sicher eine Aufforderung an die Regierung, nun konzentriert zu arbeiten. Aber zum einen habe der schwarz-gelbe Präsidentschaftskandidat Christian Wulff im dritten Wahlgang die absolute Mehrheit erhalten, sagte Merkel. Zum anderen werde übersehen, welche Aufgaben ihre Regierung bereits gemeistert habe.
Bereits zuvor hatten führende Unionspolitiker davor gewarnt, nun eine Debatte über die Parteivorsitzende anzustoßen. „Erfolge und Misserfolge sind immer gemeinsam zu verantworten“, sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende, Bundesbildungsministerin Annette Schavan, im Südwestrundfunk. Die Kritik an Merkel sei vor allem dann seltsam, wenn diejenigen, die nach Führung riefen, sich gar nicht führen lassen wollten. Alle seien nun gefordert. „Wir sind in einer Bewährungsprobe, das gilt für die Union, das gilt für die FDP“, sagte die Merkel-Vertraute.
Am Donnerstag hatten bereits die CDU-Ministerpräsidenten von Thüringen und Baden-Württemberg, Christine Lieberknecht und Stefan Mappus, vor einer Debatte um die Parteichefin gewarnt. Auch Merkel appellierte an mehr Geschlossenheit. „Eine Kanzlerin alleine kann natürlich nicht die ganze Regierungsarbeit machen“, betonte sie.
Schlechte Umfragewerte
Angeheizt wurde die Debatte durch erneut schlechte Umfragewerte für die Koalition. Nach dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend rechnen 62 Prozent der Befragten damit, dass die Koalition vorzeitig endet. Zwar legte die Union in der Sonntagsfrage erstmals seit langem wieder um einen Punkt auf 33 Prozent zu. Wegen der schwachen FDP, die nur auf fünf Prozent käme, läge das Regierungslager aber nur bei 38 Prozent. SPD und Grüne erreichten dagegen 47 Prozent.
Bei den persönlichen Umfragewerten lag Merkel nur an siebter Stelle, weit hinter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), aber auch hinter SPD-Spitzenpolitikern wie Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach Merkel die Befähigung zur Kanzlerschaft ab. „Tatsache ist doch: Frau Merkel kann nicht führen, sie wartet immer nur ab“, sagte Steinmeier dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. In der Koalition mit der SPD habe Merkel damit Erfolg gehabt, weil „sie es mit regierungserfahrenen Köpfen und mit vernunftgesteuerten Vorschlägen“ zu tun gehabt habe. Dies sei in der Regierung mit der FDP nicht der Fall.
McAllister als CDU-Vize im Gespräch
Eine Neuausrichtung der CDU sei aber nicht nötig, betonte Merkel im RTL-Interview. Zugleich gab sie erstmals Hinweise auf eigene Präferenzen bei der Neubesetzung der CDU-Spitze. Wegen des Ausscheidens von Christian Wulff, Roland Koch und Jürgen Rüttgers müssen auf dem CDU-Bundesparteitag im November gleich drei der vier Stellvertreter Merkels neu gewählt werden.
Nach Informationen von Reuters aus Regierungskreisen favorisiert sie dabei, dass der neue niedersächsische Ministerpräsident David McAllister einer der neuen Parteivize wird. Der 39-jährige McAllister zögert derzeit aber noch mit einer Kandidatur, weil auch die aus Niedersachsen stammende Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen Ambitionen auf den Posten hat. Diese sei ohnehin im Präsidium vertreten, sagte Merkel nun auf eine entsprechende Nachfrage im RTL-Interview. Ausdrücklich hatte sie zuvor McAllister als einen der neuen wichtigen Köpfe in der Union genannt. „Da wird sich die Öffentlichkeit vielleicht auch an den ein oder anderen neuen Kopf gewöhnen müssen.“ Für Festlegungen sei es aber zu früh, da es am Ende eine ausgewogene Mischung zwischen Bundes- und Landespolitikern sowie den politischen Flügeln der CDU geben müsse. (rtr/apn)