London. .
Afghanistan öffnet seine Schatztruhe: In London hat Bergbauminister Wahidullah Shahrani über 100 internationalen Investoren einen Einblick in die Rohstoffvorkommen des Landes gegeben. Das Problem: Ohne stabile Sicherheitslage, Transportnetz und Verwaltung bleibt die Erschließung ein Pionierprojekt für ganz Mutige.
„Wir schätzen den Wert unserer kartierten Bodenschätze auf drei Billionen US-Dollar“, sagte Shahrani am Freitag in London. Da bisher nur 30 Prozent des Landesgebietes untersucht wurden, könnte das Rohstoffvermögen diese Zahl noch weit überschreiten. Afghanistan ist - wie Geologen immer vermutet und das Pentagon kürzlich bestätigt hat - reich an Eisenerz, Kupfer, Gold, Kobalt, Zinn, Quecksilber und Öl. Wegen enormer Lithium-Lager, jenes Stoffes, der für Laptopbatterien und Elektroautos benötigt wird, gilt das kriegsgeschwächte Land bereits als „Saudi-Arabien des Lithiums“.
Höchste Priorität hat für Shahrani das Eisenerz in der Hadschigak-Region: „Ab September kann für die Eisenerzmine geboten werden.“ Allein 1,8 Milliarden Tonnen des Minerals sollen sich westlich von Kabul befinden und zügig erschlossen werden. In fünf bis sieben Jahren, so hofft der Minister, fließen die Erlöse vom Verkauf der Abbau-Lizenzen in die Staatskasse - und von dort in die Sanierung Afghanistans. Auch Jobs und echte Lohnperspektiven abseits von Drogenanbau und Terrorismus soll die Förderbranche schaffen.
Minister verspricht „simples Steuerrecht“ als Bonus
„Wir sehen uns nicht als Produzent, sondern als Vermittler und Regulierer“, versicherte der Minister dem exklusiven Publikum. Zu den lukrativen Verträgen versprach er als Bonus ein „simples Steuerrecht“ mit völliger Kapitalverkehrsfreiheit und der Möglichkeit, Verluste unbegrenzt abzuschreiben. Alle Ausschreibungen und Verträge sollen schon bald transparent auf der Website des Bergbauministeriums veröffentlicht werden.
Afghanistans Image hat sich seit der Nachricht über Rohstofffunde dramatisch verbessert, doch die enormen Förder-Hürden zeigten sich schon während der Werbetour in London. Straßen, Schienennetze und Stromversorgung müssten erst langwierig und teuer aufgebaut werden. Indien und China, die wegen ihres großen Rohstoffbedarfs und ihrer geografischen Nähe massives Interesse an den Mineralien zeigten, werden die Rohstoffe nur schwer abtransportieren können: Weder durch Pakistan noch durch den Iran kann sicheres Geleit garantiert werden; gefährlich ist die Situation für ausländische Arbeiter auch in Afghanistan selber.
Internationale Wirtschaftsvertreter sind verhalten-positiv
Die chinesische Firma MCC, tätig in Kupferminen im Osten des Landes, bekommt deshalb von der afghanischen Regierung eine „spezielle Schutzeinheit“ gestellt – einen Sicherheitsdienst, den alle globalen Investoren kostenfrei in Anspruch nehmen dürfen. Ernstfälle hat es nach Shahranis Aussagen keine gegeben: „Entgegen vieler Medienberichte sind weite Teile Afghanistans friedlich.“
Auch an Transportwegen arbeitet die Regierung Afghanistans mit Hochdruck. Schienen und Asphaltstraßen werden derzeit als „Rohstoff-Korridore“ entlang der Hauptlager bis hin zur Grenze von Tadschikistan, Iran und Pakistan gebaut. Schon im Spätsommer will Shahrani dann die Erschließung von Ölquellen international ausschreiben. Verträge sollen zuerst für die Kashkari-Region und dann das Tajik-Becken vergeben werden. Geologen vermuten hier auch die weltweit größten Erdgasreserven.
Internationale Wirtschaftsvertreter äußerten sich im Anschluss an Shahranis Zusagen am Freitag verhalten-positiv. Für viele bleibt die Korruption in Afghanistan eines der Hauptprobleme. „Ein Bestechungsskandal selbst auf unterer Managementebene kann den Geschäftsführer den Job kosten und die Marke beschädigen“, so ein Sicherheitsexperte, der im Auftrag eines großen Konzerns die rechtliche Lage vor Ort ausloten soll. Andere zweifelten, ob die hohen Gewinne, die ihnen offenbar winken, das Risiko wert sind. Sie wollen erst tatsächliche Fortschritte in der Infrastruktur und der Gesetzgebung sehen, bevor sie sich engagieren.