Essen. .

Die rechten Parteien haben bei der NRW-Landtagswahl keine Rolle gespielt. NPD und Republikaner bleiben landespolitisch bedeutungslos. Die Vereinigung „pro NRW“ bejubelt zwar „Erfolge“ in Städten wie Duisburg und Gelsenkirchen - die spielen sich aber im Bereich vierstelliger Stimmenzahlen ab.

Rechtsextreme kennen keinen Misserfolg. Da wird auch ein Wahl-Debakel ins Positive gedreht: „Fünf Prozent im Westen sind drin!“, teilte die Bürgerbewegung pro NRW am Tag nach der Landtagswahl mit. Mit Blick auf kommende Wahlentscheidungen, soll das andeuten. Denn der 9. Mai brachte der selbst ernannten „Bürgerbewegung“ nur 1,4 Prozent der Zweitstimmen landesweit. Gescheitert.

Das ist „kein Ergebnis, das zu Jubelstürmen veranlasst“, gibt man bei pro NRW selbst zu. Einer der Gründe: Es waren einfach zu viele Kleinparteien an der Wahl beteiligt, wie es der Spitzenkandidat Markus Beisicht noch am Wahlabend formulierte. „Der Gegner“ habe zudem „alles getan, um unseren Namen so unbekannt wie möglich zu halten“. Und den Medien hielt Beisicht eine „Schweigespirale“ vor.

Ein Thema ist zu wenig

Dass das Thema Islam und Minarettverbot bei den Wählern einfach nicht gefruchtet hat, wird in der eigenen Nachbetrachtung dagegen unterschlagen. Vielmehr zetert man über den „Dreiklang aus Totschweigen, Diffamieren und Kleinreden“. Doch die zentralen Themen dieser Wahl waren, wie die Wahlforschung zeigt, andere, erklärt Martin Florack, Politikwissenschaftler der Universität Duisburg-Essen: „An erster Stelle kam die Bildungspolitik, dann Wirtschaft und Arbeit und mit bereits großem Abstand die Kommunalfinanzen.“

Mit dem Mono-Thema Islam war für pro NRW selbst dort nichts zu holen, wo die Vereinigung ihren Anfang nahm: in Köln. Unter dem Namen „pro Köln“ war bei der Kommunalwahl 2004 erstmals der Einzug in den Stadtrat gelungen und 2009 wiederholt worden. Am Sonntag kam man dort nicht annähernd an die 5,4 Prozent der vergangenen Kommunalwahl heran. In der Domstadt, in der derzeit immerhin eine der größten Moscheen Deutschlands gebaut wird, erhielt pro NRW noch 2,4 Prozent der Zweitstimmen. Spitzenkandidat Beisicht nahm am Wahlabend mit Bedauern zur Kenntnis, dass in Köln wohl „nicht jeder gewusst hat“, dass pro Köln überhaupt bei der Landtagswahl mitgemischt hat, „aber eben unter dem Namen pro NRW“.

Jubel über drei und vier Prozent

Wer bei pro NRW von einer landesweiten „Bewegung“ träumt, muss sich an vereinzelte Ergebnisse klammern: In Gelsenkirchen erreichte pro NRW insgesamt 4,2 Prozent der Zweitstimmen - in absoluten Zahlen sind das knapp 4000 Wählerstimmen. In Duisburg brachten etwa 7000 Unterstützer pro NRW knapp an die 4 Prozent-Marke. Auch in Leverkusen und In Remscheid lag das Ergebnis zwischen 3,6 und 3,9 Prozent der Zweitstimmen. In Bergheim zählte man das beste Resultat: 5,8 Prozent.

Dass es trotz Kampagnen-Bus im Rüttgers-Format, NRW-Werbetour durch 20 Städte und groß angekündigter - und meist umso kleiner ausgefallener - Protestkundgebungen für pro NRW am Wahltag stattdessen überwiegend nichts zu melden gab, war in Mülheim beispielhaft zu sehen. Dort mochten nur insgesamt 1,08 Prozent der Wähler ihre Zweitstimme bei pro NRW ankreuzen. Und Direktkandidat Frank Borowitza bekam exakt 40 Erststimmen (0,05 Prozent).

Gleichwohl gelang es pro NRW, sich an die Spitze der Rechtsparteien in NRW zu setzen: Ob Republikaner oder NPD - beide kamen laut dem vorläufigen Endergebnis der Landeswahlleiterin nicht an die Ein-Prozent-Marke heran. Insgesamt erzielte pro NRW 106.932 der Zweitstimmen - ungefähr 13.500 Stimmen weniger als die Piratenpartei, die sich als ,größte’ der Kleinparteien zwar behauptet hat, aber auch weit unter dem dort erhofften Ergebnis geblieben ist.

Linkspartei grast Protestpotential ab

Die Gründe für das offenkundige Scheitern rechter Ideologien bei den Wählern sind vielfach, meint Politikwissenschaftler Martin Florack: „Es gibt in NRW offenbar eine gewisse Integrationskultur“ - rechte Parolen kommen da nur bei einer Minderheit der Bürger an. Außerdem seien die extrem-rechten Vereinigungen „viel zu zersplittert“ um erfolgreich zu sein - was man bei pro NRW in der Wahlnachbetrachtung ebenfalls zerknirscht ankreidet. Selbst das „Protestpotential“ in Wählerkreisen werde von anderen Parteien abgegrast, sagt Florack: „Was Hartz IV angeht etwa durch die Linkspartei.“

Bei pro NRW will man nun das Abschneiden in Duisburg, Gelsenkirchen und Leverkusen „als Maßstab“ nehmen und die Organisationsstrukturen weiter ausbauen. Auch aus Forschersicht ein Manko: „Pro NRW hat keine vernünftige, landesweite Organisation, die auch in die Fläche geht“. Die will man nun aufbauen, heißt es bei pro NRW, wo man mit Blick auf Republikaner und NPD appelliert, „dass sich alle grundgesetztreuen, demokratischen Kräfte rechts der Union sammeln“. Mit dem Ziel: „In vier Jahren“ in den Kommunen den Einzug in die Rathäuser zu schaffen - als „Voraussetzung für einen Landtagseinzug in fünf Jahren.“

Geld für die weitere Arbeit jedenfalls wird pro NRW haben: Mit dem Schritt über die 1-Prozent-Marke bei der Landtagswahl hat pro NRW Recht auf staatliche Mittel der Parteienfinanzierung. Vorstand Markus Beisicht verkündete am Wahlabend unter kräftigem Applaus: „Der Verband ist über Jahre hinaus finanziell handlungsfähig.“