Berlin. .

80 Milliarden will die Bundesregierung in den kommenden Jahren sparen - doch was bedeutet das für jede einzelne Familie, jeden Rentner, jeden Arbeitslosen? Die Aufgliederung zeigt: Fast jeder ist betroffenm direkt oder indirekt.

Staatsdiener, Familien, Arbeitslose, Wohngeldempfänger: Millionen Bundesbürger müssen sich nach den Sparbeschlüssen der Bundesregierung auf Kürzungen einstellen. Die größten Einschnitte gibt es bei den Sozialausgaben, die den dicksten Posten im Bundeshaushalt ausmachen. Aber auch auf die Wirtschaft kommen höhere Belastungen zu. Eine Übersicht:

Elterngeld

Gutverdienende Eltern bekommen künftig etwas weniger, Hartz-IV-Familien gar kein Elterngeld mehr. Der Höchstbetrag von 1.800 Euro wird nicht angetastet, die Berechnungsgrundlage aber verändert. Wer vor der Babypause mehr als 1.240 Euro netto verdient hat, erhält künftig nicht mehr 67, sondern nur noch 65 Prozent davon als Familienleistung. Das Elterngeld für Langzeitarbeitslose wird abgeschafft. Sie erhalten bislang bis zu 300 Euro für maximal 14 Monate. Sparpotenzial: 600 Millionen Euro pro Jahr. Das geplante Teilelterngeld und die zwei zusätzlichen Vätermonate hatte Familienministerin Kristina Schröder (CDU) schon vorher auf Eis gelegt.

Arbeitslose

Hartz-IV-Empfänger werden künftig nicht mehr rentenversichert. Der auf zwei Jahre befristete Zuschlag beim Übergang vom Arbeitslosengeld I in das Arbeitslosengeld II fällt weg. Bisher erhalten Alleinstehende im ersten Jahr bis zu 160 Euro im Monat, Verheiratete bis zu 320 Euro, im zweiten Jahr halbieren sich die Beträge. Die Bundesagentur für Arbeit bekommt mehr Ermessensspielraum, sie kann künftig selbst über Sinn und Zweck arbeitsmarktpolitischer Instrumente wie Förderprogramme oder Eingliederungshilfen entscheiden. Die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen soll effizienter werden. Sparpotenzial insgesamt: Im ersten Jahr 4,3 Milliarden Euro, in der Endstufe ab 2014 rund 10,2 Milliarden Euro.

Atomindustrie

Betreiber von Atomkraftwerken sollen ab 2011 eine neue Steuer von 2,3 Milliarden pro Jahr Euro zahlen. Damit soll ein Teil der Zusatzgewinne abgeschöpft werden, die die Energiekonzerne bei der geplanten Verlängerung der Laufzeiten von Atommeiler einfahren dürften. Bislang ist eine solche Verlängerung aber noch nicht beschlossen. Insofern ist die Steuer vorerst ein Scheck auf die Zukunft.

Luftverkehr

Für Flüge von deutschen Airports wird ab 2011 eine „nationale ökologische Luftverkehrsabgabe“ fällig. Die Bundesregierung will damit „verstärkte Anreize für umweltgerechtes Verhalten“ setzen. Die Abgabe soll für alle Passagiere erhoben werden, die von einem Inlandsflughafen aus starten, und nach Preis, Lärm und Verbrauch gestaffelt werden. Einnahmepotenzial: Eine Milliarde Euro pro Jahr.

Steuersubventionen

Die Vergünstigungen bei der Ökosteuer für besonders energieintensive Unternehmen werden reduziert, um Mitnahmeeffekten einen Riegel vorzuschieben. Sparpotenzial: 2011 eine Milliarde Euro, ab 2012 1,5 Milliarden Euro pro Jahr.

Wohngeld

Das Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger, der 2009 wegen der hohen Energiekosten eingeführt worden war, wird wieder abgeschafft. Sparpotenzial: Rund 100 Millionen Euro jährlich.

Bundesverwaltung

In Bundesbehörden und Ministerien sollen bis 2014 zwischen 10.000 und 15.000 Stellen abgebaut werden. Auf Entlassungen will der Bund verzichten, stattdessen werden freiwerdende Stellen nicht neu besetzt. Die ab 2011 vereinbarte Erhöhung des Weihnachtsgeldes wird gestrichen, was auf eine Kürzung der Bezüge um 2,5 Prozent hinausläuft. Sparpotenzial: 800 Millionen Euro pro Jahr. Insgesamt sollen die Ausgaben des Bundeshaushalts mittelfristig um rund vier Milliarden Euro jährlich sinken.

Berliner Stadtschloss

Der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses wird bis mindestens 2014 verschoben, der Bundeszuschuss von 440 Millionen Euro vorerst eingespart. Das Projekt soll erst dann realisiert werden, wenn wieder Geld in der Kasse ist. Eigentlich sollte der Wiederaufbau des 1950 gesprengten Baus 2011 beginnen.

Bundeswehr

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg soll bis Anfang September klären, welche Folgen eine Verkleinerung der Truppe um bis zu 40.000 Soldaten hätte. Dabei soll auch die Zukunft der Wehrpflicht geprüft werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel betont, dass es „keine Denkverbote“ gebe. Guttenberg hat aus Kostengründen nicht nur eine kräftige Verkleinerung der Truppe, sondern auch die Aussetzung der Wehrpflicht ins Gespräch gebracht, was von CSU-Chef Horst Seehofer strikt abgelehnt wird. Erwogen wird auch der Verzicht auf kostspielige Rüstungsprojekte. Als Vorgabe gilt, dass Guttenberg 2013 und 2014 rund vier Milliarden Euro einsparen muss.

Bahn

Die Bahn wird verpflichtet, künftig jährlich eine Dividende von 500 Millionen Euro an den Eigentümer Bund auszuschütten.

(ap)