Berlin. .
Der britische Ölkonzern BP muss gut 40 Millionen Euro zur Schadensbegleichung an die US-Regierung bezahlen. Würde ein ähnlicher Unfall in der Nordsee passieren, wäre die Haftungsfrage bislang ungeklärt.
Gut 40 Millionen Euro muss der britische Ölkonzern BP wegen des Öl-Desasters im Golf von Mexiko an die US-Regierung überweisen. Das ist schon die dritte Rechnung, die US-Präsident Barack Obama BP für die Schadensbegleichung stellt. Insgesamt will BP über 16 Milliarden Euro für einen Hilfsfonds bereitstellen. Ob der Betrag ausreicht, um alle Schäden zu begleichen, ist noch nicht absehbar. BP muss blechen, soll aber nicht pleite gehen.
Auch in Europa würde im Fall eines solchen Unglücks die Frage nach der Haftung laut. Immerhin fördern die Anrainerstaaten der Nordsee an rund 300 Stellen Öl oder Gas. Experten halten auch hier eine Ölpest für denkbar, von der dann alle Küstenländer betroffen sein könnten. International geregelt wurde die Haftung bisher nur für den Schiffsverkehr. Diese Abkommen „gelten nicht für durch fest installierte Ölbohrplattformen verursachte Schäden“, stellt das Bundeswirtschaftsministerium in der Antwort auf eine Anfrage der Grünen fest. „Wir brauchen dringend eine Regelung, wer in einem solchen Fall die Kosten zu tragen hat“, fordert die Grünen-Abgeordnete Valerie Wilms.
Bis zu 600 000 Euro ist ein Menschenleben wert
Sollte also einmal ein Ölteppich die Strände von Sylt bedecken, müssten Hoteliers oder Krabbenfischer einen langen Atem mitbringen. Nach deutschem Recht können sie ihre Ansprüche geltend machen, müssen diese jedoch in dem Land durchsetzen, aus dessen Hoheitsgebiet das Öl gekommen ist. Haftungsobergrenzen gibt es nur bei Todesfällen und Körperverletzung. Bis zu 600 000 Euro ist ein Menschenleben wert. Doch wenn der Schaden viele Milliarden Euro beträgt, kann das betroffene Unternehmen durch die Forderungen auch in die Knie gehen und Insolvenz anmelden. Dann bleibt die Öffentlichkeit zwangsläufig auf den Forderungen sitzen.
Wie schmal das Sicherheitsband sein kann, zeigt das Beispiel Atomkraft. Sollte es zu einem Unfall kommen, stehen aus einem gemeinsamen Fonds der Atomwirtschaft sicher 2,5 Milliarden Euro für die Regulierung der Kosten bereit. Reicht der Betrag nicht, haftet der Betreiber mit allen Vermögenswerten unbegrenzt. Ein großer Atomunfall würde sicher Milliarden Euro kosten. Selbst ein Konzern wie Eon, der über acht Milliarden Euro Jahresgewinn erzielt, wäre schnell an der Grenze des Machbaren angelangt. Mit der Pleite des Betreibers eines Unfall-Meilers bliebe der Steuerzahler auf den meisten Kosten sitzen. Andere europäische Länder sind großzügiger und begrenzen die Unternehmenshaftung auf einen Bruchteil der Kosten eines extremen Atomunglücks.
Andere Branchen regeln den Schadenersatz
Hinter der teilweisen Entlastung der Wirtschaft von einer vollen Haftung steht die Sorge, dass eine politisch erwünschte Technologie aufgrund der finanziellen Risiken gar nicht erst eingesetzt wird. Tatsächlich kann eine strenge Haftungsregelung den Einsatz weitgehend verhindern.
Das zeigt das deutsche Gentechnikgesetz. Es sieht zwei Regelungen vor. Die Hersteller gentechnisch veränderten Saatguts müssen für alle Schäden unbegrenzt aufkommen, wenn sie die Samen ohne Zulassung an Landwirte verkaufen. Die Bauern selbst werden für alle Schäden verantwortlich gemacht, die durch den Einsatz der Gensaaten zum Beispiel auf benachbarten Biohöfen entstehen. Der Effekt ist sichtbar. Kaum ein Betrieb setzt genmanipulierte Pflanzen auf die Felder.