Düsseldorf. .

Bundestagspräsident Norbert Lammert muss sich erneut mit der Spendenpraxis seiner Partei in NRW beschäftigen. Hintergrund sind Vorwürfe, wonach die CDU 2005 eine Wählerinitiative für den späteren Regierungschef Rüttgers etablierte, die als Instrument für verdeckte Parteispenden gedient haben könnte.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) leitet wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz erneut Untersuchungen gegen den nordrhein-westfälischen Landesverband seiner Partei ein. Wie ein Sprecher der Bundestagsverwaltung am Mittwoch auf WAZ-Anfrage erklärte, wird der CDU-Landesverband in Düsseldorf in Kürze auf „klassischem Weg per Brief um Sachverhaltsaufklärung“ gebeten.

Hintergrund sind Vorwürfe, wonach die NRW-CDU vor der Landtagswahl 2005 eine Wählerinitiative für den späteren Regierungschef Jürgen Rüttgers etablierte, die aus Sicht der SPD-Opposition im Bundestag als Instrument für verdeckte und darum illegale Parteispenden gedient haben könnte.

Anlass für die Aufforderung von SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann und Generalsekretärin Andrea Nahles an Lammert, umgehend tätig zu werden, war eine über die Medien bekannt gewordene Spende von 10 000 Euro des Lippstädter Autozulieferers Hella an die frühere Pro-Rüttgers-Initiative „Wähler für den Wechsel“. Hella hatte dafür zunächst eine Spendenquittung gefordert und vom Organisator der Wählerinitiative für Rüttgers, CDU-Mitglied Tim Arnold, die Rückzahlung der 10 000 Euro verlangt, wenn die steuermindernde Bescheinigung nicht erbracht werden könnte.

Keine Spendenquittung für Hella

Da das Geld aber nicht direkt an die CDU ging, konnte die Partei keine Spendenquittung ausstellen – die Wählerinitiative selbst aber auch nicht, da sie nicht als gemeinnützig anerkannt war. So wurde eine andere Lösung gefunden. Unter der Betreffzeile „Entwarnung in Sachen Hella-Spende” schrieb Arnold in einer E-Mail an die Parteizentrale der NRW-CDU, es sei gelungen, „wenige Stunden vor der von Hella gesetzten Deadline eine Einigung zu erzielen: Es bleibt alles beim Alten, wir brauchen nichts zurückzuzahlen.” Rüttgers Chefstratege bei der NRW-CDU, Boris Berger, antwortete: „Super – vielen Dank.” Hella verbuchte die Zahlung einfach als steuerlich abzugsfähigen Betriebsaufwand. Nachdem der Vorgang nun öffentlich geworden war, erstattete das Unternehmen Selbstanzeige beim Finanzamt. Hella kam nach erneuter Prüfung zum Ergebnis, der Vorgang sei „als steuerlich nicht abzugsfähig zu behandeln“.

Die Bundestagsverwaltung wird nach WAZ-Informationen nun überprüfen, ob es sich „um ein Finanzvergehen auf Seiten des Geldgebers (also Hella, Red.) handelt“, oder ob „CDU-Mitarbeiter an der eventuell illegalen Verbuchung von Wahlkampfzuwendungen als Betriebsausgaben direkt oder indirekt beteiligt waren“. Zum jetzigen Zeitpunkt sei eine „parteirechtliche Bewertung des Sachverhalts nicht möglich“, sagte ein Sprecher. Ob Ergebnisse noch vor der NRW-Wahl vorliegen werden, sei offen.

„Geschmäckle“

Für Verfassungsrechtler Prof. Hans Herbert von Arnim haben parteinahe Wählerinitiativen wie die von 2005 für Rüttgers „ein Geschmäckle“. Er sagte der WAZ: „Hier besteht eine Lücke im Parteiengesetz. Parteien müssen ab einer bestimmten Größenordnung ihre Spender nennen. Wenn ein Freund Geld zur Unterstützung der Partei oder ihres Spitzenkandidaten sammelt, gilt das nicht. Hier existiert ein Graubereich“, so von Arnim und fordert eine Ergänzung des Parteiengesetzes. „Der Wähler muss wissen, wer viel Geld zur Förderung einer Partei aufwendet.“

Tim Arnold hatte im Jahr 2005 von rund 100 Unternehmern Geld für die Pro-Rüttgers-Initiative einwerben können. Seit 2006 ist der Wahlhelfer Angestellter der Regierung. Er leitet die NRW-Vertretung in Berlin.