Düsseldorf. .
Das Nein der SPD zur Minderheitsregierung und zur großen Koalition wird allseits kritisiert: Die Grünen fordern einen Neuanlauf, Rüttgers wirft SPD-Chefin Kraft mangelnden Gestaltungswillen vor, die Linke Mutlosigkeit
Der Verzicht der SPD auf eine Regierungsbildung in Nordrhein-Westfalen ist am Samstag auf Kritik der übrigen Parteien gestoßen. Vertreter der CDU bedauerten die Entscheidung von SPD-Landeschefin Hannelore Kraft, keine große Koalition mit der CDU einzugehen. Politiker der Grünen monierten, dass die SPD die Chance zur Bildung einer Minderheitsregierung nicht genutzt habe. Die Linke forderte Kraft auf, eine „alternative Regierung“ zu bilden. Bei Regionalversammlungen der SPD-Parteibasis in Bielefeld und Dortmund stieß Kraft hingegen auf breite Zustimmung für ihren Kurs.
Am Freitagabend hatte der Landesvorstand der SPD einstimmig beschlossen, keine Koalition mit der CDU einzugehen. Zuvor waren bereits Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grünen und Linkspartei beziehungsweise SPD, Grünen und FDP gescheitert. Mit der Entscheidung der SPD bleiben CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und seine Regierung weiter geschäftsführend im Amt. Allerdings verfügen sie über keine parlamentarische Mehrheit im Düsseldorfer Landtag.
SPD-Basis stützt Krafts Kurs
Nach Ansicht Rüttgers ist die Haltung der SPD eine „Form der Gestaltungsverweigerung“. Mit etwas „gutem Willen“ hätten die Sondierungsgespräche zwischen CDU und SPD zu einem guten Abschluss und zur Einleitung von Koalitionsgesprächen führen können. Man bedauere sehr, dass die SPD sich gegen diesen Schritt entschlossen habe. Nach Angaben des Ministerpräsidenten soll nun zunächst rechtlich geklärt werden, was die geschäftsführende Regierung darf. Ihm gehe es jetzt darum, das Land gut zu regieren, betonte Rüttgers. Gespräche über eine Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen lehnt er ab, weil sie nach seiner Ansicht keine Aussicht auf Erfolg hätten.
In Bielefeld und Dortmund fanden die ersten beiden von vier geplanten Regionalversammlungen der SPD zu den Sondierungsgesprächen über eine mögliche Regierungskoalition in NRW statt. Die Entscheidung der SPD, keine große Koalition mit der CDU einzugehen und aus dem Düsseldorfer Landtag heraus den „Politikwechsel“ voranzutreiben, sei bei den Parteimitgliedern auf allgemeine Zustimmung gestoßen, sagte ein Sprecher der SPD. An der Veranstaltung konnten nur Parteiangehörige teilnehmen, Öffentlichkeit und Medienvertreter hatten keinen Zutritt. Laut dem Sprecher gab es keine Abstimmung in den Versammlungen. Am Sonntag sind noch weitere Veranstaltungen in Köln und Oberhausen geplant.
Die Grünen verlangten unterdessen von der SPD ein Überdenken der Entscheidung zur Regierungsbildung. Die Ablehnung der SPD, mit den Grünen eine Minderheitsregierung zu bilden, sei falsch, weil dadurch die bei der Landtagswahl vom 9. Mai abgewählten Regierungsparteien CDU und FDP an der Macht blieben, sagte die Grünen-Parteichefin Claudia Roth. Die SPD dürfe sich deshalb jetzt „nicht einfach in den Schmollwinkel zurückziehen“. Vielmehr müsse eine „unverbrauchte Landesregierung“ gebildet werden. Dass die Pläne zur Bildung einer großen Koalition gescheitert seien, respektiere man ausdrücklich, hieß es. Auch die Fraktionsvorsitzende der NRW-Grünen, Sylvia Löhrmann, sagte, dass eine rot-grüne Minderheitsregierung machbar sei. Diese Koalition sei nicht nur wegen des Bundesrates eine Option, „sondern auch, weil ansonsten die abgewählte Regierung Rüttgers/Pinkwart wie mit Pattex an ihren Stühlen kleben wird, solange die Umfragen für CDU und FDP schlecht sind“. Die Grünen würden in Verantwortung dafür werben, dass es nicht zu einer solchen Situation kommt.
Der Vorsitzende der Linken, Klaus Ernst, kritisierte die SPD-Landeschefin. „Hannelore Kraft fehlt der Machtinstinkt. Sie könnte sich sofort zur Ministerpräsidentin wählen lassen und einen echten Politikwechsel einleiten, wenn sie endlich die unsinnige Frontstellung nach links aufgeben würde“, sagte er.