Essen. .

Professor Christoph Schmidt begrüßt das geplante Sparpaket der Bundesregierung. Es ist ausgewogen, sagte der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen.

Wie bewerten Sie die Sparvorschläge?

Christoph Schmidt: Ich sehe sie grundsätzlich positiv. Viele Ökonomen und der Sachverständigenrat haben einen Ab­bau der Schulden gefordert, und zwar mit einer über einige Jahre währenden Perspektive, was Kürzungen der Ausgaben angeht. Dieser Weg wurde eingeschlagen. Das bringt Sicherheit und Solidität in die Fi­nanzplanung.

Bremst das Paket nicht das Wachstum?

Schmidt: Das ist ein Balanceakt, der mir aber geglückt scheint. Die Mehrwertsteuer und die Einkommenssteuer bleiben unangetastet, was ich begrüße. An­sonsten hätte man doch unmittelbar mit negativen Folgen für die Nachfrage der Konsumenten rechnen müssen.

Es gibt laute Kritik von Opposition und Gewerkschaften, das Paket sei nicht sozial ausgewogen und treffe die Schwächsten.

Schmidt: Diese Rufe sind fast schon reflexhaft vor Bekanntgabe des Pakets laut geworden. Klar ist doch, dass Ausgabenkürzungen immer Protest bei den Betroffenen hervorrufen.

Also ist es ausgewogen?

Schmidt: Ich finde schon. Ich möchte mal daran erinnern, dass in der Arbeitsmarktpolitik bereits ein enormer gesellschaftlicher Lastenausgleich stattgefunden hat. Dank des Kurzarbeitergeldes ist es gelungen, trotz des drastischen Konjunktureinbruchs eine Explosion der Arbeitslosigkeit zu verhindern. Das war eine enorme solidarische Leistung. Wer fi­nanziert das denn? Das sind die Steuerzahler. Und zwar nicht nur die heutigen, sondern auch die von morgen und übermorgen, die nämlich das mit Schulden geborgte Wachstum zu bezahlen haben.

Es wird gespart, die Hotelbetreiber dürfen aber ihre Vergünstigung mit der reduzierten Mehrwertsteuer für Übernachtungen behalten.

Schmidt: Klar wäre eine Rücknahme sinnvoll gewesen. Ebenso die Überprüfung einiger Ausnahmetatbestände bei der reduzierten Mehrwertsteuer. Aber ich folge der Kanzlerin: Das hätte nicht den großen Batzen gebracht.

Es soll eine Finanztransaktionssteuer kommen. Wer, glauben Sie, bezahlt die?

Schmidt: Ich denke, Ihre Vermutung ist richtig: Die werden die Banken in dieser Form wohl auf die Kunden überwälzen. Es wäre besser gewesen, den Vorschlägen des Sachverständigenrates zu folgen und mittels einer Bankenabgabe einen Fonds zu füllen, um künftigen Problemen im Bankensektor entgegenzuwirken.

Infolge der geplanten Brennelementesteuer ist eine Strompreiserhöhung zu erwarten, oder?

Schmidt: Das kommt sehr auf die Ausgestaltung an. Die Steuer ist ja gekoppelt an die Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke.

Diese Steuer träfe dann auch Kernkraftwerke, deren Laufzeiten nicht zur Verlängerung anstehen.

Schmidt: Das ist der Haken. Das RWI hat sich dafür ausgesprochen, einen Teil der Gewinne aus der verlängerten Laufzeit der Kraftwerke abzuschöpfen und damit einen Zukunftsfonds für Forschung und Entwicklung zu bilden.

*Prof. Christoph Schmidt sitzt auch im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.