Auf der Suche nach dem Unwort des Jahres wäre „Bagatellkündigung“ ein guter Kandidat, da sich hinter diesem fast harmlos klingenden Begriff viel Diskussionsstoff verbirgt. Etwa, wenn eine Mitarbeiterin vor die Tür gesetzt wird, weil sie ein Brötchen vom Büfett genommen hatte, das ohnehin weggeschmissen werden sollte. Oder wenn eine Angestellte gefeuert wird, nachdem sie unberechtigterweise Pfandbons im Wert von 1,30 Euro eingelöst hatte. Nun hat das Bundesarbeitsgericht in so einem Fall ein Urteil gesprochen und vernünftigerweise die Kündigung der Kassiererin aufgehoben. Das ist aber kein Freispruch erster Klasse für die Angestellte. Sie muss sich schon Fehlverhalten vorwerfen lassen, da sie sich die Bons unter den Nagel gerissen hatte. Dabei ist es egal, dass ihrem Arbeitgeber kein materieller Schaden entstanden ist – schließlich hatte er den Bonwert in Form von Leergut bekommen. Vielmehr hat die Kassiererin gegen eine Dienstanweisung verstoßen, da sie die Bons nicht abzeichnen ließ.

Das rechtfertigt aber keine Kündigung; eine Abmahnung hätte laut den Richtern gereicht. Insofern ist das Urteil klug. Es ist kein Freibrief für Mitarbeiter-Verstöße – fordert aber auch Augenmaß von Arbeitgebern bei Disziplinarvergehen ein.