Karlsruhe. .

Die Bundesregierung will die nachträgliche Sicherungsverwahrung für Neufälle abschaffen und stattdessen die sogenannte vorbehaltene Sicherungsverwahrung ausbauen. Zuvor gab es Kritik vom Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.

Die Bundesregierung will die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kritisierte nachträgliche Sicherungsverwahrung für Neufälle abschaffen und stattdessen die sogenannte vorbehaltene Sicherungsverwahrung ausbauen. Durch diese Reform werde der „Schutz der Allgemeinheit“ nicht geschmälert, erklärte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) bei der Vorstellung des Vorhabens am Mittwoch in Berlin.

Sicherungsverwahrung heißt, dass gefährliche Täter mitunter viele Jahre über das Ende ihrer Strafe hinaus zum Schutz der Allgemeinheit im Gefängnis festgehalten werden. Die Novelle sieht vor, dass sich Gerichte die Anordnung von Sicherungsverwahrung für später vorbehalten können, wenn zum Zeitpunkt des Urteils die Gefährlichkeit eines Täters nicht sicher festzustellen ist.

Bislang verlangt das Gesetz, dass dem Täter zeitgleich zum Urteil ein „sicherer Hang zu erheblichen Straftaten“ nachgewiesen werden muss. Dadurch wurde das Instrument der vorbehaltlichen Sicherungsverwahrung der Ministerin zufolge stark eingeschränkt. In der Gesetzesnovelle solle nun klar gestellt werden, dass bereits „die Wahrscheinlichkeit eines Hanges“ ausreicht.

Künftig auch bei Ersttätern vorbehaltliche Sicherungsverwahrung

Zudem soll künftig auch bei Ersttätern eine vorbehaltliche Sicherungsverwahrung angeordnet werden können. Das geltende Recht erfasst solche Täter bislang nur über die nachträgliche Sicherungsverwahrung, wenn sich im Strafvollzug neue Tatsachen für ihre Gefährlichkeit ergeben haben. Fehlt es daran, mussten die Täter trotz ihrer Gefährlichkeit nach Verbüßung der Haftstrafe entlassen werden. Diese“ unbefriedigende Rechtslage wird durch die Neuregelung beseitigt“, erklärte die Ministerin.

Die Reform sieht zudem vor, dass Sicherungsverwahrung nur noch bei Sexual- und Gewalttätern angeordnet werden darf, nicht mehr jedoch bei Vermögensdelikten ohne Gewaltanwendung wie etwa Betrug. Der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hatte im Mai entschieden, dass Deutschland mit der nachträglichen Sicherungsverwahrung unter anderem gegen das das Verbot rückwirkender Strafen verstoßen hat. Die auf einem Gesetz von 1933 beruhende Sicherungsverwahrung wurde seit 1998 mehrfach reformiert und verschärft. Allein zwischen 2001 und 2009 stieg die Zahl der Betroffenen von 257 auf 500, wie Leutheusser-Schnarrenberger erklärte. (afp)