Frankfurt/Main..
„Betriebsratsverseucht“ ist das Unwort des Jahres 2009. Das gab die unabhängige Jury unter Leitung des Sprachwissenschaftlers Horst Schlosser am Dienstag in Frankfurt am Main bekannt. Das Wort sei „ein sprachlicher Tiefpunkt im Umgang mit Lohnabhängigen“.
Das Unwort das Jahres 2009 heißt «betriebsratsverseucht». Der Sieger wurde aus 982 Vorschlägen ausgewählt, teilte die Jury um Sprachwissenschaftler Horst Dieter Schlosser am Dienstag in Frankfurt am Main mit. Die Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen störe zwar viele Unternehmen, sie als Seuche zu bezeichnen sei indes «ein sprachlicher Tiefpunkt im Umgang mit Lohnabhängigen», sagte Schlosser zur Begründung. Die Formulierung war in der ARD-Sendung «Monitor» im Mai von dem Mitarbeiter einer Baumarktkette gebraucht worden.
In der Sendung berichtete ein Mitarbeiter einer Baumarktkette, der Begriff werde von Abteilungsleitern benutzt, wenn ein Mitarbeiter von einer Filiale mit Betriebsrat in eine ohne Betriebsrat wechseln wolle. Dort könnte ihm vorgehalten werden, dass sein bisheriges Vertrauen in eine Arbeitnehmervertretung die Einstellung gefährde.
Auf den weiteren Plätzen für das Unwort des Jahres kamen die Begriffe «Flüchtlingsbekämpfung», «intelligente Wirksysteme» und als sogenanntes Börsenunwort «Bad Bank». Von «Flüchtlingsbekämpfung» habe Bundeskanzlerin Angela Merkel auf einem «Bürgerforum» der Bertelsmann-Stiftung gesprochen. Damit habe sie einen Teil des deutschen Beitrags zum Migrationsproblem benannt, nämlich die Abwehr von Flüchtlingen an Europas Grenzen. Die Jury rügte die damit vorgenommene Gleichsetzung einer Menschengruppe mit einem negativen und deshalb zu bekämpfenden Sachverhalt. Das Wort erinnere an die Bekämpfung von Krankheiten, Seuchen oder Terrorismus und sei «ein dramatischer sprachlicher Fehlgriff».
Das Unwort des Jahres
Eine unabhängige Jury um den Sprachwissenschaftler Horst Dieter Schlosser hatte die Öffentlichkeit auch in diesem Jahr wieder zu Vorschlägen aufgefordert. Gesucht werden sprachliche Missgriffe in der öffentlichen Kommunikation, die grob unangemessen sind oder gar die Menschenwürde verletzen. Für die Wahl zum Unwort ist nicht maßgeblich, wie oft ein Vorschlag gemacht wird.
Schlosser hatte die sprachkritische Aktion 1991 gestartet, das Unwort des Jahres 2009 ist das 19. Das Unwort des Jahres 2008 war «notleidende Banken» und aus 2.117 Einsendungen mit 1.129 Vorschlägen ausgewählt worden.
2009 gingen Vorschläge ein wie «Beiboot-Lösung» als Beschönigung von «Bad Bank», «betriebsratsverseuchte Mitarbeiter», «erweiterter Suizid» für Amoklauf, «Flüchtlingsbekämpfung» und «Halteprämie» für Spitzenmanager unmittelbar vor ihrem Ruhestand. Als ein Unwort-Kandidat gilt das Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Der wieder aktuell gewordene Begriff «Nacktscanner» war schon 2008 im Rennen.
Die Jury setzt sich zusammen aus vier ständigen Mitgliedern - Sprachwissenschaftler verschiedener Universitäten - sowie dem Redakteur der «Frankfurter Rundschau», Stephan Hebel, und dem Sozialethiker Friedhelm Hengsbach. (apn/ddp)