Augsburg. .
Prozessauftakt gegen den ehemaligen Waffenhändler Karl-Heinz Schreiber. Er steht wegen Steuerhinterziehung und Bestechung vor Gericht. Doch er beteuert seine Unschuld und spielt seine Rolle in den Waffengeschäften herunter: “Ich war nur der Geldbote“.
Im ersten Moment wirkt er geschockt, im nächsten beinahe geschmeichelt. Gerade hat Karlheinz Schreiber den hell vertäfelten Sitzungssaal 101 des Landgerichts Augsburg betreten. Und das, was er sieht, trifft ihn offenbar mit voller Wucht. Eine Wand aus Kameras, allesamt auf ihn gerichtet.
Seit August sitzt der für ein Jahrzehnt nach Kanada geflüchtete frühere Waffenlobbyist in Untersuchungshaft, in dem Gefängnis nahe des Augsburger Doms. Nun steht er erstmals wieder in der Öffentlichkeit. „Boah!“ entfährt es ihm da lautlos.
Doch danach scheint er, der im Ruf steht, nur all zu gerne zu parlieren, ein wenig verunsichert. Im dunklen Jackett, hellblauem Hemd und gestreifter Krawatte auf der Anklagebank sitzend, legt er die Hände vor sich aufeinander, während er der von Staatsanwalt Paintinger vorgetragenen Anklage folgt.
Zwölf Millionen Euro hinterzogen?
Steuerhinterziehung, Beihilfe zum Betrug und Bestechung wirft die ihm vor. Zwölf Millionen Euro Steuergelder soll der 75-Jährige bei seinen Waffen-Geschäften hinterzogen haben. Bis in die 90er Jahre vermittelte er, der auch die CDU-Spendenaffäre auslöste, Großaufträge der Rüstungsindustrie. Fuchs-Spürpanzer für Saudi-Arabien, Hubschrauber von Messerschmitt-Bölkow-Blohm für die kanadische Küstenwache und Flugzeuge vom Typ Airbus für die Royal Thai Air Force.
Die Provisionen dafür sollen laut Anklage über Tarnkonten in der Schweiz und Liechtenstein geflossen sein, über die Schreiber allein verfügte. Teile der Gelder leitete er weiter an Politiker und hohe Beamte oder an Thyssen-Manager, die an den Geschäften beteiligt waren.
Ludwig-Holger Pfahls, damals Staatssekretär im Verteidigungsministerium, wurde deshalb wegen Bestechlichkeit verurteilt, ebenso wie der damalige CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep. Auch der heutige Finanzminister Wolfgang Schäuble musste zugeben, von Schreiber 100 000 DM entgegen genommen zu haben.
Am Montag, zum Auftakt des Prozesses, erklärt Karlheinz Schreiber die Anklage gegen ihn als falsch. Nicht, dass er seine Beteiligung an den Waffengeschäften leugnen würde. Das nicht. Aber durch seine Anwälte lässt er Erklärungen verlesen, die seine Geschäfte in die Gepflogenheiten der 80er und 90er Jahre einordnen, als Schmiergelder noch als „nützliche Aufwendungen“ steuerlich abgesetzt werden konnten. Er, Schreiber, sei nur der Geldbote gewesen, die Verkäufe auf allerhöchster politischer Ebene eingestielt worden: „Leider sind für mich wichtige Zeugen verstorben so wie der bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß.“
Höchste Kreise sollen Geschäfte eingefädelt haben
Gerade Strauß’ Rolle werde unterschätzt. Viele meinten, er könne damit gar nichts mehr zu tun haben, weil er 1988 gestorben sei. Aber, so Schreiber, „dieses Argument ist großer Unsinn. Die Projekte hatten alle eine mehrjährige Vorbereitungsphase.“ Der Deal mit Saudi-Arabien sei im Übrigen in höchsten politischen Kreisen vereinbart worden, Ex-Kanzler Kohl und der frühere US-Außenminister Baker hätten sie getroffen.
„Es ist doch nicht so, dass ein Einzelunternehmer aus Bayern zwischen Regierungen verschiedener Staaten hin und her spazieren und solche Großprojekte zustande bringen könnte!“, so Schreiber. Für die agierenden Politiker sei dabei ein wichtiger Aspekt die Parteien- und Wahlkampffinanzierung – „Politiker können da eine große Kreativität entwickeln“. Für alle Geschäftsabschlüsse, so Schreiber, gelte: „Es hat keinen Auftrag ohne Gegenleistung gegeben und kein Geschäft, bei dem nicht hochrangige Politiker intensiv mitgemischt habe“.
So pauschal Schreibers Erklärungen sind, so konkret hakt der Vorsitzende Richter Weigell nach: Wenn Schreiber nicht wirtschaftlicher Berechtigter der Tarnfirmen und -konten gewesen sei, wer dann? Und an wen habe er welche Beträge verteilt? Am Mittwoch habe er Gelegenheit, dies zu beantworten.