Berlin. .

Die Koalition liegt im Dauerclinch. Und deshalb gerät nun CDU-Chefin Angela Merkel zunehmend in die Kritik aus den eigenen Reihen. CDU-Mitglieder werfen der Kanzlerin vor, sie habe keine überzeugende Strategie. Auch die FDP ruft nach der Führungsrolle der Kanzlerin.

Vor der Klausurtagung des CDU-Bundesvorstands gerät Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zunehmend in ihrer eigenen Partei unter Druck. Führende CDU-Landespolitiker warfen Merkel in der «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» mangelnde parteipolitische Identifikation und das Fehlen einer überzeugenden Strategie vor. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hielt den Kritikern vor, sie spielten dem politischen Gegner in die Hände.

„Die Regierungsmehrheit für CDU/CSU und FDP war nicht das Ergebnis einer überzeugenden Wahlkampfstrategie. Vielmehr hatte die Union schlichtweg Glück», heißt es in einem gemeinsamen Gastbeitrag der CDU-Landespolitiker für die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung». «Der präsidiale Stil der Kanzlerin brachte ihr zwar hohe Popularitätswerte, aber wenig parteipolitische Identifikation», schreiben die CDU-Fraktionschefs in den Landtagen von Hessen, Sachsen und Thüringen, Christian Wagner, Steffen Flath und Mike Mohring, sowie die brandenburgische Fraktionsvize Saskia Ludwig weiter.

Kritik an der FDP

Der Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, warnte vor der am Donnerstag beginnenden Vorstandsklausur in Berlin davor, die Substanz der CDU zu gefährden. «Wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Stammwähler wieder stärker an die Partei binden», verlangte im «Spiegel» auch der rheinland-pfälzische CDU-Chef Christian Baldauf.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt attackierte den Koalitionspartner. «Die FDP muss erst wieder merken, wie sich Regieren anfühlt», sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». «Die Arbeitsteilung mit der FDP kann nicht die sein, dass die FDP Profilierungs- und Klientelpolitik betreibt und die CDU für das Allgemeinwohl zuständig ist», sagte Saar-Ministerpräsident Peter Müller (CDU) dem «Handelsblatt» (Montagsausgabe). Nach einer Emnid-Umfrage für die «Bild am Sonntag» halten 61 Prozent der Deutschen den Start der schwarz-gelben Koalition für misslungen.

FDP: Merkel muss die Führung wieder in die Hand nehmen

FDP-Vizechef Andreas Pinkwart mahnte im Magazin «Focus», Merkel müsse als CDU-Vorsitzende ihre Richtlinienkompetenz in den eigenen Reihen nutzen, um Schwarz-Gelb als Zukunftsprojekt herauszustellen. «Die FDP erwartet, dass sie die Führung der Koalition wieder in die Hand nimmt,» sagte auch Parteivize Cornelia Pieper dem «Focus».

Gröhe forderte Merkels Kritiker auf, sich mit öffentlicher Kritik zurückzuhalten. «Scharfkantige Polarisierungen wärmen zwar das Herz der eigenen Anhänger, erleichtern aber auch dem politischen Gegner die Mobilisierung», sagte er der «Bild am Sonntag». «Die überwältigende Mehrheit der CDU-Anhänger steht hinter dem Modernisierungskurs der Kanzlerin», wies auch der Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Altmaier, die Kritik an Merkel zurück. «Die Koalition funktioniert», sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder der Zeitschrift «Super-Illu».

SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Merkel vor, ihre verfassungsrechtlichen Pflichten nicht zu erfüllen. «Sie sieht zu, wie die Steuersenkungsideologen von der FDP die Handlungsfähigkeit des Staates ruinieren. Sie sieht zu, wie der Finanzminister einen gigantischen Wahlbetrug vorbereitet, indem er seine Sparvorschläge erst nach der NRW-Wahl präsentieren will», erklärte Gabriel am Sonntag in Berlin. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte der «Bild am Sonntag», Merkel habe nicht mehr die Kraft zur Führung des Landes. (afp)