Düsseldorf. .

Scheidungs- und Trennungskinder erhalten mehr Unterhalt. Rückwirkend zum 1. Januar werden die Sätze um durchschnittlich 13 Prozent angehoben. Das ist in der sogenannten „Düsseldorfer Tabelle“ festgeschrieben, einer Richtlinie für die zuständigen Behörden.

Der Unterhaltanspruch von Trennungskindern steigt in diesem Jahr so stark wie noch nie. Nach der am Mittwoch veröffentlichten neuen «Düsseldorfer Tabelle» erhöhen sich die Unterhaltssätze zum 1. Januar um rund 13 Prozent. Konkret müssen betroffene Eltern pro Kind zwischen 26 und 69 Euro monatlich mehr zahlen.

Die «Düsseldorfer Tabelle» ist bundesweit die Richtschnur für die Berechnung der Unterhaltssätze von Trennungskindern. Die drastische Erhöhung ist nach Angaben des Gerichts eine Konsequenz der Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrages im Rahmen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes. Denn die Unterhaltssätze sind per Gesetz an den Freibetrag gekoppelt.

Nach der bereits seit dem 1. Januar gültigen neuen Tabelle schwankt künftig die Höhe der zu leistenden Unterhaltszahlungen beim ersten und zweiten Kind - je nach Alter des Kindes und Einkommen des Unterhaltpflichtigen - zwischen 225 und 597 Euro. Zahlreiche Kinder werden allerdings bei der jetzt beschlossenen Erhöhung der Unterhaltsbeträge leer ausgehen, räumte der Koordinator der Tabelle, Jürgen Soyka, ein. Dies gelte in allen Fällen, in denen der Unterhaltspflichtige schon heute nicht in der Lage sei, den Mindestunterhalt zu leisten. In diesen Fällen verändere sich durch die Neuregelung praktisch nichts.

«Unerhaltszahler sind schon ausgepresste Zitronen»

Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) kritisierte die Anhebung heftig. Die Erhöhung entspreche weder der realen Wirtschaftslage noch der Lohnentwicklung, sagte der Verbandsvorsitzende, Josef Linsler, der Nachrichtenagentur DAPD. «Die Unterhaltszahler sind schon ausgepresste Zitronen. Man sollte sie nicht noch mehr pressen», erklärte er. Unverständlich sei auch, dass zwar die Unterhaltssätze erhöht worden seien, nicht aber der Selbstbehalt der Zahlungspflichtigen. «Nicht nur der Strom für Kinder wird teurer, sondern auch der für Erwachsene», meinte Linsler.

Vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter wurde die Anhebung dagegen begrüßt. Auf diesem Umweg profitierten nun auch viele Alleinerziehende doch noch von den Steuererleichterungen des Gesetzes. Die Bundesgeschäftsführerin des Verbandes bezifferte die Zahl der unterhaltsberechtigten Kinder in Deutschland im Alter unter 18 Jahren auf rund 2,2 Millionen.

Warten auf das Bundesverfassungsgericht

Dass die Abwägung zwischen Kindeswohl und Finanzkraft des Unterhaltpflichtigen ein schwieriges Unterfangen ist, zeigt allerdings schon ein Blick auf die Tabelle: Denn das Gericht definiert insgesamt 120 verschiedene mögliche Unterhaltssätze für ein Kind - abhängig vom Alter des Kindes, dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen und der Zahl der unterhaltsberechtigten Kinder.

Offen ist, wie lange die neue «Düsseldorfer Tabelle» Geltung haben wird. Soyka wies darauf hin, dass die im Frühjahr erwartete Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Bedarfssätzen für Kinder beim Arbeitslosengeld II zu Nachbesserungen führen könne. Außerdem wollen sich die Düsseldorfer Richter mit den anderen Oberlandesgerichten im Sommer über eine Neukonzeption der Tabelle beraten. Zur Diskussion stehen dabei vor allem die bisher gültige Staffelung der Tabelle, die Höhe der Selbsthalte für Unterhaltspflichtige und die Gestaltung des Volljährigenunterhalts. (apd)