Berlin. .

Müssen sich Fluggäste bald einem Körperscan unterziehen, bevor sie an Bord gelassen werden? Bundesinnenminister Thomas de Maizière spricht sich für die Technik aus, der Strahlenschutzexperte der Bundesregierung warnt vor Gesundheitsrisiken. Am Amsterdamer Flughafen wird das System schon in wenigen Wochen eingesetzt.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hält den Einsatz von Körperscannern unter bestimmten Voraussetzungen für möglich. Nötig sei es, dass es gelänge, Geräte zu entwickeln, die die Persönlichkeitsrechte der Passagiere «vollumfänglich wahren», sagte der Minister der «Süddeutschen Zeitung». Ein solcher Apparat solle bereits im nächsten Jahr vorgestellt werden.

In der Debatte um den Einsatz von Körperscannern an Flughäfen hat der Strahlenschutzexperte der Bundesregierung vor Gesundheitsrisiken gewarnt. Die Röntgenstrahlung habe das Gefährdungspotenzial, langfristig Krebs und Leukämie zu erzeugen, sagte der Vorsitzende der Strahlenschutzkommission, Professor Rolf Michel, dem Radiosender HR-Info. Bei einer einzelnen Durchleuchtung seien Menschen zwar nur einer sehr geringen Menge von Röntgenstrahlen ausgesetzt, das Risiko steige aber mit jeder Kontrolle. «Für Vielflieger und Menschen, die häufiger gescannt würden, wäre das Risiko doch nicht vernachlässigbar», sagte Michel.

Körperscanner sind umstritten.
Körperscanner sind umstritten. "Schiphol TV" © ddp

Die Strahlenschutzkommission und das Bundesumweltministerium hielten den Einsatz von Röntgenscannern deswegen für «nicht gerechtfertigt», sagte Michel. Auch Durchleuchtungsgeräten, die mit der so genannten Terahertz-Strahlung arbeiten, stellt Michel keine Unbedenklichkeitsbescheinigung aus. «Da haben wir bisher nur marginale Hinweise, dass sie gefährlich werden könnten. Das Problem ist allerdings für uns, dass noch nicht genug Informationen zu dem Thema vorliegen. Es wird allerdings intensiv geforscht, ob biologische Wirkungen zu befürchten sind», sagte der Experte.

Nach dem vereitelten Anschlag auf ein US-Flugzeug wollen die Niederlande am Amsterdamer Flughafen Schiphol künftig alle USA-Reisenden mit Nacktscannern kontrollieren. Wie die niederländische Innenministerin Guusje ter Horst am Mittwoch in Den Haag sagte, soll die umstrittene Durchleuchtung bereits innerhalb von drei Wochen routinemäßig bei allen Flügen in die USA zum Einsatz kommen. Um die «Sicherheit der Passagiere deutlich zu verbessern», sollten vorerst alle verfügbaren Geräte für US-Flüge eingesetzt werden. Die Scanner werden demnach aber zunächst mit einer neuen Software ausgestattet, um automatische Kontrollen ohne den Einsatz von Personal zu ermöglichen.

Datenschützer halten Scanner für ethisch nicht vertretbar

Datenschützer und viele Politiker halten den Einsatz derartiger Geräte, die nicht nur die Körperformen, sondern auch Genitalien, Implantate oder Prothesen darstellen, für höchst problematisch und ethisch nicht vertretbar. Maizière wies darauf hin, dass derzeit neuartige Geräte entwickelt würden, die die Körperstrukturen der Passagiere «unklarer» darstellten, gefährliche Gegenstände aber dennoch erkennen könnten. Ein Einsatz solcher Geräte komme für ihn aber nur in Frage, wenn sie leistungsfähig und gesundheitlich völlig unbedenklich seien, sowie die Persönlichkeitsrechte «vollumfänglich wahren». Sollten all diese Kriterien erfüllt sein, kann sich der Minister den Einsatz solcher Apparate an Flughäfen durchaus vorstellen.

Die Bundesjustizministerin reagierte verhalten auf Forderungen, diese Geräte zu verwenden. «Ob erhöhte technische Kontrollmaßnahmen den konkreten Anschlagversuch tatsächlich verhindert hätten, kann zuverlässig erst nach einer sorgfältigen Untersuchung des Falles beurteilt werden», sagte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) der «Berliner Zeitung». «Ob Körperscanner so eingesetzt werden können, dass dabei die Intimsphäre beachtet und die Menschenwürde strikt gewahrt bleibt, hängt entscheidend von der technischen Weiterentwicklung solcher Geräte ab.»

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar wandte sich gegen den Einsatz von Nacktscannern. «Mich überrascht, wie schnell Forderungen erhoben werden, ohne dass die grundsätzlichen Fragen geklärt sind», sagte Schaar der «Berliner Zeitung». «Zunächst ist Sachaufklärung angebracht.» So müsse geklärt werden, wie der Sprengstoff durch die Kontrollen geschmuggelt werden konnte, und ob die Technologie geeignet sei, dem vorzubeugen. Zudem müssten beim Einsatz von Scannern die Menschenwürde und der Schutz der Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben. «Bei den Geräten, die alles sichtbar machen, ist die Menschenwürde nicht gewahrt», sagte Schaar.

GdP kritisiert Versäumnisse bei Flugsicherheit

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die Debatte um Nacktscanner als politische Luftnummer kritisiert und zugleich schwere Versäumnisse bei der Flugsicherheit beklagt. Der «Neuen Osnabrücker Zeitung» sagte der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Josef Scheuring: «Die Diskussion um Nacktscanner ist eine politische Luftnummer, um von den Versäumnissen der vergangenen Jahre abzulenken.» Tatsache sei, dass die «lückenhaften Grundstrukturen der Luftsicherheit in Deutschland seit dem 11. September 2001 nicht besser geworden sind - im Gegenteil», sagte Scheuring.

Die Bundesregierung dürfe den Fluggästen nicht länger etwas vormachen: Auch mit Scannern der neuesten Generation ließe sich die Gefahr von Anschlägen nicht entscheidend reduzieren. (afp/ddp)