Washington. .

Nach der Veröffentlichung von Zehntausenden Geheimdokumenten zum Afghanistan-Einsatz sorgen sich deutsche Politiker um die Sicherheit der Truppen vor Ort. Die US-Regierung fahndet derzeit nach der undichten Stelle.

Nach der Veröffentlichung Zehntausender Geheimakten zum Militäreinsatz in Afghanistan machen sich deutsche Politiker Sorgen wegen möglicher Auswirkungen auf die Sicherheit der Truppen vor Ort. Er halte den Vorgang für militärisch bedeutsam, weil „die Taliban aus der Beschreibung zurückliegender Operationen auf das künftige Vorgehen der Alliierten schließen und sich darauf einstellen“ könnten, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU), dem „Tagespiegel“.

Polenz sagte, er sei einerseits beruhigt, dass die Geschichte des Afghanistankrieges nicht neu geschrieben werden müsse, da die Dokumente alles in allem, von kleineren Ausnahmen abgesehen, der offiziellen Darstellung der Regierung nicht widersprächen. Gleichwohl handele es sich bei dem Geheimnisverrat um einen Skandal mit möglicherweise weitreichenden Auswirkungen.

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold sieht ebenfalls die Gefahr, dass die Veröffentlichung neue Risiken aufwerfe. Er sei „alles andere als glücklich“ über den Vorgang. „Solche Details machen künftige Einsätze nicht leichter“, sagte er der Zeitung.

USA suchen nach undichter Stellen

Die FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff nannte es besorgniserregend, dass die Informationen „ausgerechnet in dieser besonders schwierigen Lage in Afghanistan durchgestochen werden“. Das zeuge von fehlendem Fingerspitzengefühl aufseiten jener, die die Dokumente öffentlich gemacht hätten - „ohne Rücksicht auf die Soldaten im Einsatz“.

Die Veröffentlichung Zigtausender US-Dokumente auf der Internet-Plattform Wikileaks hat zahlreiche geheime Vorgänge im Afghanistan-Einsatz aufgedeckt. Die Informationen stammen aus amerikanischen Militärdatenbanken und sollen belegen, dass es etliche Pannen gegeben hat.

Nach der Veröffentlichung der Geheimberichte sucht die amerikanische Regierung nach der undichten Stelle. „Wir werden alles unternehmen was notwendig ist, um herauszufinden, wer für das Datenleck verantwortlich ist“, kündigte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Geoff Morrell, am Montagabend in Washington an. In der Regierung gebe es die Befürchtung, dass weitere geheime Informationen an die Öffentlichkeit gelangen könnten. Das sei derzeit nicht auszuschließen.

Dem Ministerium zufolge wird die Bewertung der durch den Internetdienst Wikileaks veröffentlichten Dokumente Tage oder sogar Wochen dauern. Deshalb sei der Schaden für die Sicherheit des Landes derzeit noch nicht abzusehen.

Aus den Berichten ergibt sich ein drastisches Bild des Krieges in Afghanistan. Das Material belege unter anderem, dass die Situation im deutschen Verantwortungsgebiet im Norden weit schlechter sei als von der Bundesregierung dargestellt, berichtete der „Spiegel“ am Montag.

Grüne fordern Klarheit über Eliteeinheit

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele will mit Hilfe der jetzt veröffentlichten Zehntausenden von Geheimdokumenten zum Afghanistankrieg herausfinden, was die Bundeswehr in dem Land treibt. „Ich bemühe mich seit einem halben Jahr zu erfahren, was an geheimen Kommandoaktionen durch die Bundeswehr unterstützt wird und vor allem, was die Operationstruppe „TF 47“ der Bundeswehr dort macht“, sagte Ströbele der Hannoverschen „Neuen Presse“. Dies sei eine geheim arbeitende Eliteeinheit, die sich aus den verschiedenen Waffengattungen zusammensetze und auch eine nachrichtendienstliche Komponente habe.

Ströbele begrüßte die Veröffentlichung der militärischen Geheimdokumente im Internet. „Es wird rund um den Krieg in Afghanistan viel zu viel nicht nur geheim gehalten, sondern auch gelogen. Die Wahrheit bleibt wieder einmal auf der Strecke“, sagte er. Diese Papiere seien wichtig und interessant. Möglicherweise könnten sie auch Kriegsverbrechen belegen. „Täglich werden Zivilisten, mögliche Taliban-Verdächtige, aber auch US- und andere Soldaten der Allianz von NATO-Truppen getötet“, sagte Ströbele. Das dringe nur hin und wieder an die Öffentlichkeit. „Um die Parlamente zur richtigen Politik zu drängen, müssen die Fakten aber ans Licht“, sagte Ströbele. (rtr/ddp/apn)