Berlin. Die Bahn hat während der Streiks im Jahr 2007 E-Mails der Lokführergewerkschaft GDL überwacht und gelöscht. Das bestätigte ein Konzernsprecher am Samstag. Wer die Entscheidung dazu getroffen hat, blieb zunächst geheim.
Die Bahn hat während der Streiks im Jahr 2007 E-Mails der Lokführergewerkschaft GDL überwacht und gelöscht. Einen entsprechenden Bericht des «Spiegel» bestätigte ein Konzernsprecher am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. «Die Benutzung des Hauspostsystems durch die GDL für Streikaufrufe war rechtswidrig», sagte der Bahn-Sprecher zur Begründung. Durch die Massenmails der GDL habe es Probleme beim hausinternen Mailserver gegeben. Daraufhin sei entschieden worden, die E-Mails zu löschen. Der Bahn-Sprecher wollte keine Angaben dazu machen, wer diese Entscheidung getroffen hat.
Laut «Spiegel» hatten die Sonderermittler zur Aufklärung der Spitzel-Vorwürfe gegen den Konzern am Freitag im Bahn-Aufsichtsrat vom Löschen zweier Streikinformationsschriften berichtet. Dem Bericht zufolge wunderten sich die Funktionäre der GDL zwar, dass ihre Mails nie ankamen. Richtig stutzig geworden seien sie jedoch erst Monate später nach dem Erscheinen der ersten Berichte über die Bahn-Spitzelaffäre. Daraufhin habe die GDL Bahn-Chef Hartmut Mehdorn zur Rede gestellt. Der Korruptionsbeauftragte der Bahn, Wolfgang Schaupensteiner, habe damals versichert, dass zu keinem Zeitpunkt Funktionsträger der GDL ausgeforscht worden seien.
Von den Bespitzelungen innerhalb des Projekts «Leakage», bei dem täglich 145 000 E-Mails konzernintern gefiltert worden seien, waren nach «Spiegel»-Informationen auch Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten und Verkehrsexperten, die im Auftrag des Bundes arbeiteten, betroffen. Die Überwachungen seien erst im Oktober 2008 gestoppt worden, Monate nachdem die ersten Massendatenabgleiche bei der Bahn öffentlich geworden waren.
Rückendeckung für Mehdorn von Merkel und Steinbrück
Am Morgen wurde bekannt, dass der in der Datenaffäre unter Druck geratene Bahn-Chef Hartmut Mehdorn einem Pressebericht zufolge auf die Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zählen kann. Das berichtete die «Bild"-Zeitung unter Berufung auf Regierungs- und Parteikreise. Demnach will Merkel dem Druck der Gewerkschaften nicht nachgeben und Mehdorn bis mindestens Mitte Mai im Amt halten, wenn der Bericht unabhängiger Prüfer der Daten-Affäre vorliegt. Finanzminister Peer Steinbrück wolle dem Blatt zufolge Mehdorn ebenfalls im Amt halten, weil er ihn als Befürworter der Teil-Privatisierung der Bahn schätze.
Ein Regierungssprecher sagte am Samstag auf AP-Anfrage, er wolle dies nicht kommentieren. Der Bahnchef war am Freitag wegen neuer Vorwürfe in der Datenaffäre bei der Bahn enorm unter Druck geraten. Einen Rücktritt lehnte er am Freitagabend aber ab.
Laut «Bild» will Bahn-Aufsichtsratchefs Werner Müller für kommende Woche das Präsidium des Aufsichtsrates zusammenrufen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. (afp/ddp)