Berlin. .
Der deutsche Staat muss bis 2013 mit 38,9 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen als bislang angenommen. Das hat der Arbeitskreis Steuerschätzung ermittelt. Die FDP hält an der angepeilten Steuerreform fest.
Die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen fallen in den Jahren 2010 bis 2013 um rund 39 Milliarden Euro niedriger aus als in den bisherigen Steuerschätzungen vom November 2009 oder vom Mai 2009 vorhergesagt. 2010 sind es 1,2 Milliarden Euro weniger. Das ist das Ergebnis der aktuellen Steuerschätzung, das am Donnerstag in Berlin bekanntgegeben wurde.
Zugleich rechnete Schäuble in einer ersten Reaktion mit „schwierigen“ Verhandlungen über die von der Koalition geplanten Steuersenkungen. Die FDP hatte erst Ende April ihre Forderung nach weiteren Steuererleichterungen von 16 Milliarden Euro bekräftigt.
In NRW fehlen bis 2013 vier Milliarden Euro
NRW-SPD-Chefin Hannelore Kraft sieht nach der jüngsten Steuerschätzung keinerlei Spielraum für milliardenschwere Steuersenkungen. „Für eine weitere milliardenschwere Klientelpolitik von Schwarz-Gelb ist kein finanzieller Spielraum mehr vorhanden. Die prognostizierten Einnahmeausfälle bedeuten alleine für Nordrhein-Westfalen gegenüber der letzten Prognose einen Steuerrückgang von fast vier Milliarden Euro bis 2013“, sagte Kraft. „Wer jetzt noch, wie die FDP und auch die CDU, Steuersenkungen in Höhe von 16 Milliarden Euro fordert, der betreibt Bürgertäuschung. Das ist eine Lachnummer“, betonte die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion.
NRW-FDP-Chef Andreas Pinkwart pocht dagegen auf Steuersenkungen ab 2012. „Wir werden in Zukunft den Euro des Steuerzahlers zweimal umdrehen müssen. Dann sehen wir auch Spielräume für eine gezielte Entlastung des Durchschnittverdieners ab 2012“, sagte der FDP-Bundesvize der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Freitagausgabe) laut Vorabbericht. „Wir wollen an den Mittelstandsbauch im Steuertarif ran.“. Die Steuerschätzung sei etwas besser ausgefallen als vom Bundesfinanzministerium befürchtet. „2013 werden wir 24 Prozent mehr Steuereinnahmen haben als 2005. Kaum ein privater Haushalt kann das von sich sagen.“
Steueraufkommen 2010 beläuft sich auf 510,3 Milliarden
Laut der Steuerschätzung beläuft sich das Steueraufkommen von Bund, Ländern und Gemeinden im laufenden Jahr auf 510,3 Milliarden Euro - das sind 1,2 Milliarden Euro weniger als noch im Mai 2009 veranschlagt. In den kommenden Jahren bleiben die Einnahmen des Staates dann noch stärker hinter den bisherigen Erwartungen zurück: In 2011 um 11,7 Milliarden Euro, in 2012 um 12,3 Milliarden Euro und in 2013 um 13,7 Milliarden Euro
Der Bund nimmt bis 2013 insgesamt 17,3 Milliarden Euro weniger Steuermittel ein als noch im Vorjahr geschätzt. Für 2010 wird noch ein leichtes Plus von rund 600 Millionen Euro erwartet, für 2011 jedoch ein Minus von 5,3 Milliarden Euro, das bis 2013 auf 6,5 Milliarden Euro anwächst.
Die 16 Bundesländer haben bis 2013 insgesamt 11,2 Milliarden Euro weniger in der Kasse als noch im Vorjahr erwartet, die Gemeinden 11,9 Milliarden Euro weniger.
Deutschland als „Stabilitätsanker“
Es seien „entschiedene Konsolidierungsschritte“ erforderlich, um die Schuldenbremse im Grundgesetz einzuhalten, sagte Finanzminister Schäuble. Alle Ausgabenbereiche und Aufgaben müssten kritisch hinterfragt werden. Bis 2016 darf der Bund nicht mehr als 0,35 Prozent strukturelle Neuverschuldung gemessen am Bruttoinlandsprodukt aufweisen. Dazu muss der Bund laut Schäuble jährlich etwa zehn Milliarden Euro einsparen.
Erst 2013 wird der Gesamtstaat laut Prognose der Experten wieder den Stand der Steuereinnahmen von 2008 erreicht haben. „Das beschreibt Ausmaß der Finanz- und Wirtschaftskrise“, betonte der Finanzminister. Schäuble mahnte, die Solidität der Staatsfinanzen sei von existenzieller Bedeutung. Nur auf einer solchen Basis sei auch der Euro als stabile Währung zu sichern. Deutschland werde als „Stabilitätsanker“ in der EU weiter gebraucht.
Grundlage für Haushalt 2011
Ein beträchtlicher Teil der Mindereinnahmen entfällt allerdings auf seither erfolgte Änderungen des Steuerrechts. Dabei geht es besonders um das von Union und FDP durchgesetzte Wachstumsbeschleunigungsgesetz sowie um die steuerliche Anrechenbarkeit von Krankenversicherungsbeiträgen.
Die Ergebnisse der neuen Steuerschätzung bilden, soweit sie den Bund betreffen, die Grundlage für den Entwurf des Bundeshaushalts 2011 sowie die Fortschreibung des Finanzplans bis 2014. (afp/ddp/apn)