Berlin/Hannover.
Margot Käßmann tritt zurück. Das hat die Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche nun selbst in Hannover mitgeteilt. Sie zieht damit die Konsequenz aus der aktuellen Affäre: Käßmann war von der Polizei mit 1,54 Promille am Steuer gestoppt worden.
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, tritt mit sofortiger Wirkung von ihrem Amt zurück. Zugleich gibt sie ihre Position als hannoversche Landesbischöfin auf. Das hat Käßmann nach entsprechenden Medienberichten inzwischen bei einer Pressekonferenz am Mittwochnachmittag in Hannover selbst mitgeteilt.
Dank für Unterstützung
Sie könne „nicht mit der notwendigen Autorität im Amt bleiben“, begründete die 51-Jährige ihren Schritt. Es gehe ihr auch um die Achtung vor sich selbst und ihre eigene Geradlinigkeit. „Die Freiheit, ethische und politische Herausforderungen zu benennen und zu beurteilen, hätte ich in Zukunft nicht mehr so wie ich sie hatte“, sagte Käßmann laut Erklärung der Evangelischen Kirche in Deutschland, die zeitgleich zu ihrer öffentlichen Stellungnahme veröffentlicht wurde. Sie verwies auch auf ihre Kritik am deutschen Afghanistan-Einsatz. Derartige Äußerungen seien nur tragbar, „wenn persönliche Überzeugungskraft uneingeschränkt anerkannt wird.“
Es tue ihr leid, dass sie viele enttäusche, die sie dringend gebeten hätten, im Amt zu bleiben. Sie will will nach eigenen Angaben weiter als Pastorin tätig sein. Käßmann dankte Freunden und Familie für ihre Unterstützung und schloss mit den Worten: „Ich weiß aus vorangegangenen Krisen: Du kannst nie tiefer fallen als in Gottes Hand. Für diese Glaubensüberzeugung bin ich auch heute dankbar.“
Zuvor hatte ihr der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zwar das Vertrauen ausgesprochen, die Entscheidung über ihren Verbleib an der EKD-Spitze aber ausdrücklich in Käßmanns eigene Hände gelegt.
Vertrauen ausgesprochen
Am Dienstag war bekannt geworden, dass die EKD-Ratsvorsitzende am späten Samstagabend auf der Rückfahrt von einem privaten Termin stark betrunken am Steuer ihres Dienstwagens gestoppt worden war. Die Polizei hielt sie in der Innenstadt von Hannover an, nachdem Käßmann eine rote Ampel ignoriert hatte. Eine Blutprobe ergab 1,54 Promille, ab 1,1 Promille liegt in Deutschland absolute Fahruntüchtigkeit und eine Straftat vor. Käßmanns Führerschein wurde eingezogen, ein Strafverfahren eingeleitet. Nach Bekanntwerden des Vorfalls war Käßmann unter starken Druck geraten.
Am Dienstagabend hatten die 14 Ratsmitglieder des EKD-Rats, zu denen auch Käßmann selbst gehört, in einer Telefonkonferenz getagt. Am Mittwochmorgen wurde mitgeteilt, das kirchliche Leitungsgremium habe seiner Vorsitzenden einmütig das Vertrauen ausgesprochen, dabei aber keine abschließende Bewertung ihres Verhaltens vorgenommen. Man überlasse Käßmann die Entscheidung über den Weg, der gemeinsam eingeschlagen werden solle.
Berichte über weitere Person im Auto
Auf einer regulären Sitzung, die noch in dieser Woche stattfinden soll, werde dann eine abschließende Bewertung des Vorfalls vorgenommen. „In ungeteiltem Vertrauen überlässt der Rat seiner Vorsitzenden die Entscheidung über den Weg, der dann gemeinsam eingeschlagen werden soll“, hieß es in der Mitteilung.
Medienberichte, wonach bei der Trunkenheitsfahrt eine unbekannte weitere Person im Dienstwagen der Bischöfin saß, bezeichnete der Sprecher der hannoverschen Landeskirche, Johannes Neukirch als reine Spekulation. Laut der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ soll Käßmann bei der Fahrt auf dem Weg von einem Kinobesuch in der Hannoverschen Innenstadt zu ihrer Wohnung gewesen sein. Auch dies wollte der Sprecher nicht kommentieren.
Schnelles Strafverfahren
Das Strafverfahren gegen Käßmann soll schnell abgeschlossen werden, wie die Staatsanwaltschaft am Mittwoch erklärte. „Bei klarer Sachlage dauert ein normales Strafverfahren wegen einer Trunkenheitsfahrt nur einige Wochen“, sagte Sprecher Hans-Jürgen Lendeckel. Im Fall der Bischöfin habe die Polizei die Akten bereits der Staatsanwaltschaft übersandt.
Das Ermittlungsverfahren gegen Käßmann werde geführt wie gegen jeden anderen Verkehrsteilnehmer. Eine Trunkenheitsfahrt ohne konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer werde in der Regel mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen bestraft. Hinzu komme der Entzug der Fahrerlaubnis für zehn Monate bis zu einem Jahr. Das Strafverfahren werde in der Regel schriftlich abgewickelt und ende mit einem Strafbefehl. (ap/dapd/ddp)