Ansbach. Der Amokläufer von Ansbach hatte nicht nur kurz vor der Bluttat sein Testament geschrieben, er notierte auch das Wort "Apokalypse" in seinem Kalender. Offenbar war der 18-Jährige in psychotherapeutischer Behandlung. Seiner Mitschülerin, die von der Axt getroffen wurde, geht es besser.
Der Amokläufer von Ansbach hat kurz vor der Bluttat sein Testament gemacht. Staatsanwalt Jürgen Krach sagte am Freitag, der 18-jährige Gymnasiast habe die Tat an seiner Schule offensichtlich geplant. In seinen Kalender habe er auf dem Blatt für den 17. September das Wort «Apokalypse» geschrieben, sagte Krach der Nachrichtenagentur AP. Außerdem sei bei einer Durchsuchung das Testament gefunden worden, «datiert kurz vor der Tat», sagte der Staatsanwalt.
Das Motiv des Amokläufers sei allerdings weiterhin unklar. Ob der Junge wirklich in psychotherapeutischer Behandlung gewesen sei, muss nach Krachs Worten noch geprüft werden. «Es ist aber davon auszugehen», sagte der Staatsanwalt.
Mit Brandsätzen, Messern und einer Axt hatte der Abiturient am Donnerstag acht Schüler und einen Lehrer verletzt. Eine Schülerin aus der 10. Klasse schwebe weiter in Lebensgefahr, sagte Krach. Der Amokläufer habe das Mädchen vermutlich mit der Axt getroffen, als es aus dem brennenden Klassenzimmer im dritten Stock geflüchtet sei. Die von einem Molotow-Cocktail schwer verletzte Mitschülerin aus der selben Klasse «erlitt Brandverletzungen zweiten Grades und ein Inhalationstrauma, sie schwebt nicht mehr in Lebensgefahr», sagte Lehnberger.
Mit der Axt angegriffen
Der 18-Jährige hatte zwei Molotowcocktails in die Klassenzimmer einer 9. und einer 10. Klasse geschleudert. Die Schüler der Klasse 10 b hätten daraufhin das brennende Zimmer verlassen und seien offensichtlich vor der Tür von dem 18-Jährigen mit Messern und der Axt angegriffen worden, sagte Krach. Mindestens fünf der insgesamt neun Opfer hätten neben Brandwunden auch Schnitt- und Stichverletzungen erlitten.
Der von Streifenpolizisten niedergeschossene Amokläufer soll am Freitag Nachmittag im Krankenhaus aus dem künstlichen Koma geweckt werden. Eine Vernehmung sei aber noch nicht vorgesehen, sagte der Staatsanwalt. Allerdings solle der Haftbefehl wegen versuchten Mordes erlassen werden.
Die Polizei habe auch die Eltern des Jungen befragt. Sie hätten allerdings von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Eine jüngere Schwester des Täters soll ebenfalls Schülerin des Carolinums sein. Der Unterricht an dem humanistisch-musischen Gymnasium fiel am Freitag aus.
Polizei und Lehrer fordern mehr Schulpsychologen
Die Deutsche Polizeigewerkschaft forderte «ein flächendeckendes Frühwarnsystem für Schulen». Trotz aller politischen Versprechen nach den Amokläufen von Erfurt und Winnenden fehlten Schulpsychologen und Sozialarbeiter, die Probleme frühzeitig erkennen könnten. «In jede Schule in Deutschland gehören mindestens ein Sozialarbeiter und ein Psychologe», sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt der «Neuen Osnabrücker Zeitung».
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, sprach sich für «flächendeckende Schulungen von Klassensprechern aus, um sie für mögliche Probleme und Außenseiter in ihren Klassen zu sensibilisieren». In den Schulen müsse man «eine Kultur des Hinsehens etablieren». Außerdem müsse die Zahl der Schulpsychologen in einem ersten Schritt verdoppelt werden. Derzeit müsse ein Psychologe im Schnitt 10.000 Schüler betreuen. «Das kann nicht funktionieren.» Trotz gegenteiliger Ankündigungen aus der Politik habe sich die Versorgungsquote in den vergangenen Jahren kaum verbessert, kritisierte Kraus. Mittelfristig müsse zudem jede der 42.000 deutschen Schulen auf einen Schulsozialarbeiter zurückgreifen können.
Siebenstündige Operation
Die vom Ansbacher Amokläufer durch einen Axthieb verletzte 15-Jährige ist nach einer mehr als siebenstündigen Operation wieder auf dem Weg der Besserung. Die Schülerin der zehnten Klasse sei durch Fachärzte für Neurochirurgie, Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie und Unfallchirurgie intensiv medizinisch behandelt worden, teilte das Klinikum Nürnberg am Freitag mit.
Die Jugendliche werde wie ihre gleichaltrige Mitschülerin, die durch einen Molotowcocktail schwere Brandverletzungen erlitten hatte, weiter auf der Intensivstation betreut. Die behandelnden Ärzte seien mit dem Gesundheitszustand «sehr zufrieden». Die Eltern der Jugendlichen hätten ihre Kinder in der Zwischenzeit besuchen können. (ap/ddp)