Dresden. Mit ihrer Forderung nach Wiedereinführung einer Vermögenssteuer haben die Jusos beim SPD-Parteitag in Dresden am Samstag die Delegierten hinter sich gebracht. Mit großer Mehrheit wurde ein Grundsatzbeschluss zur politischen Neuausrichtung verabschiedet - ohne Rücknahme der Agenda-Reformen.
Mit dem Beschluss eines Grundsatzpapiers hat die SPD auf ihrem Parteitag in Dresden die inhaltliche Neuaufstellung nach dem Debakel bei der Bundestagswahl begonnen. Eine überwältigende Mehrheit der Delegierten stimmte am Samstag einem Leitantrag der Parteiführung zu, der Konsequenzen aus der historischen Niederlage der Sozialdemokraten vor sieben Wochen benennt und einen politischen Neuanfang ankündigt. Es gab nur eine Gegenstimme und vier Enthaltungen.
Festhalten an den Agenda-Reformen
In dem Papier wird die Krise der SPD auch an der Anhebung der Mehrwertsteuer, der Zunahme von Leiharbeit und prekärer Beschäftigung und der Rente mit 67 festgemacht. Die Partei habe dadurch in ihrer elfjährigen Regierungszeit deutlich an Vertrauen verloren. Eine Rücknahme der Agenda-Reformen, die den neuen SPD-Fraktionschef und einstigen Agenda-Strategen Frank-Walter Steinmeier beschädigen würde, wird in dem Papier allerdings nicht verlangt. Ferner strebt die Parteispitze eine Öffnung in die Gesellschaft und eine «Beteiligungskultur» auf allen Ebenen der Partei an. Der Diskussionsprozess soll 2011 abgeschlossen werden.
Die SPD macht sich außerdem für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer stark. Der Parteitag billigte damit mit klarer Mehrheit eine Forderung der Jusos. In dem Grundsatzpapier heißt es nun: «Unser Steuerkonzept wird Vermögende, unter anderem durch die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, stärker in die Verantwortung für das Gemeinwohl nehmen und Normalverdiener sowie Familien steuerlich besser stellen.»
Die Vermögenssteuer war wegen der Ungleichbehandlung bei der Bewertung von Immobilien und anderem Vermögen vom Bundesverfassungsgericht ausgesetzt worden und wird seit 1997 nicht mehr erhoben. Die SPD-Linke kämpft seit Jahren für die Wiedereinführung dieser Steuer, um damit unter anderem die milliardenschweren Bildungsausgaben zu finanzieren.
Der neue SPD-Vize Olaf Scholz hatte anfänglich dafür plädiert, auf die explizite Aufnahme der Vermögensteuer in den Leitantrag zu verzichten. Statt dessen sollte lediglich darauf verwiesen werden, dass die SPD ein eigenes Steuerkonzept gegen das Steuermodell von Union und FDP vorlegen werde. Darin sollte es allgemein heißen, dass Vermögende stärker in die Verantwortung genommen und Normalverdiener sowie Familien entlastet werden sollten.
Juso-Vorsitzende Drohsel: Mut zeigen beim Neuanfang
Scholz begründete die zurückhaltende Position für die Parteispitze zunächst damit, dass erst eine sorgfältige Diskussion über ein umfassendes Steuerkonzept geführt werden solle. Der neue Vorsitzende Sigmar Gabriel habe selbst gesagt, dass er der «Vorsitzende des Fanclubs Vermögensteuer» sei, sagte Scholz. Daher sollten die Delegierten der Spitze an dem Punkt trotz der Auseinandersetzungen der Vergangenheit doch einmal über den Weg trauen. Insbesondere der linke Parteiflügel hatte sich über Jahre für die Vermögensteuer stark gemacht.
Juso-Chefin Franziska Drohsel ergriff daraufhin das Wort und rief den Delegierten zu: «Ich verstehe nicht und kann's nicht mehr hören, dass wir das, was wir wollen, nicht sagen dürfen.» Wenn es die SPD mit dem Neuanfang ernst meine und wieder Profil zeigen wolle, dann müsse sie «doch einmal mutig sein und Thesen vertreten, die in der Gesellschaft auch auf Widerstand stoßen». Deutschland habe eine der geringsten Vermögensbesteuerungen in Europa. Zudem hätten auf dem Parteitag viele Redner deutlich gemacht, dass es ein «Skandal» sei, dass sich die «Schere zwischen Arm und Reich» ständig weiter öffne. Das Argument, dass die SPD Rücksicht auf einen Koalitionspartner nehmen müsse, ziehe nicht mehr. Drohsel hob hervor: «Lasst uns heute wieder anfangen damit, dass wir das sagen, was wir wollen: Und das ist die Vermögensteuer.» (ddp/afp)